Mindestens fünf Tote, zahlreiche Verletzte und massive Anzeichen von Wahlmanipulation: dies ist traurige Bilanz der Präsidentschaftswahlen in Haiti vom gestrigen Sonntag (28.). In zahlreichen Städten des Landes kam es nach lokalen Medienberichten zu Zusammenstößen zwischen bewaffneten Anhängern der verschiedenen Kandidaten. Wie die Nachrichtenagentur ANSA unter Berufung auf Polizeikreise meldet, haben sich die Todesfälle in der Stadt Aquin im Süden des Landes ereignet.
In der Stadt Desdunes im Departement Artibonite sind ebenfalls drei Menschen in der Nähe der Wahllokale ums Leben gekommen. Gesichert sind zudem Informationen über Schüsse in den Städten Port-de-Paix, Acul-du-Nord, Trou-du-Nord und Verrettes. Hierbei hat es sich jedoch vornehmlich um Einschüchterungsversuche gehandelt. Die Bewaffneten hätten dabei hauptsächlich in die Luft geschossen, meldeten auch lokale Radiostationen.
In den Wahllokalen selbst kam es in weiten Teilen zu chaotischen Zuständen. Vielerorts waren die Wahllisten unvollständig oder fehlerhaft, Wähler wurden bedroht, die Wahlurnen zerstört oder gestohlen. 12 der 18 Kandidaten haben daher bei der provisorischen Wahlkommission CEP die Annullierung der Wahlen gefordert, darunter die drei aussichtsreichsten Kandidaten Mirlande Mani, Michel Martelly und Charles Henri Baker. Sie unterstellten der Regierung und der CEP eine „gemeinsame Verschwörung“ zu Gunsten des Regierungskandidaten Jude Célestin, Schwiegersohn von Amtsinhaber René Préval. Die Oppositionspolitiker appellierten an „die jungen Haitianer“, sich „friedlich für ein neues Haiti“ einzusetzen.
In der Hauptstadt Port-au-Prince kam es derweil zu Demonstrationen. Tausende zogen durch die Strassen der Stadt und forderten ebenfalls die Annulierung des Urnengangs. Sie forderten die Verhaftung Préval’s und zerrissen Plakate von Jude Célestin. Ein internationaler Wahlbeobachter zeigte sich erschüttert von den Vorgängen am Wahltag und bezeichnete die Situation als „katastrophal“. „Es ist die schlimmste Wahl, die ich je gesehen habe“, wurde er von lokalen Medien zitiert.
Der Kommandeur der UN-Friedenstruppe Minustah, Edmond Mulet aus Guatemala, hingegen versicherte, dass der „Wille des Volkes“ respektiert werden würde und es nur „kleinere administrative Probleme“ gegeben habe. Zuvor hatte er den Tag als „ruhig und friedlich“ bezeichnet, es seien bis zu diesem Zeitpunkt nur unbedeutende Zwischenfälle registriert worden. Dabei war in Desdunes nachweislich eine Einheit der Blauhelme mit mindestens sechs gepanzerten Fahrzeugen ausgerückt. Die Soldaten mussten mit Warnschüssen die Ordnung wiederherstellen, nachdem mehrere Wahllokale geplündert und mindestens zwei vollständig zerstört wurden.
In dem bitterarmen Land auf der Karibikinsel Hispaniola waren 4,6 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, neben einem neuen Staatspräsidenten auch sämtliche 99 Abgeordneten im Parlament sowie 11 der 33 Senatoren neu zu bestimmen. Nach letzten Schätzungen dürften Teilergebnisse im Laufe der Woche veröffentlicht werden, mit dem Endergebnis wird jedoch nicht vor dem 07. Dezember gerechnet.
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