Wenn ich auf Reisen gehe, nehme ich immer meinen Moleskine mit; ein kleines, schwarz gebundenes Notizbuch, in das ich meine persönlichen Eindrücke schreibe. Dabei kann es um Stimmungen gehen, Gedanken, Ableitungen von Gedanken, aber auch Fahrpläne, Ticketnummern, Merklisten und dergleichen mehr.
Früher war ich ein Verfechter moderner Notiztechnologien und nutzte ausschließlich überladene Software auf meinem Laptop. Das änderte sich, als ich zum ersten Mal nach Kuba reiste, und von einem Freund darauf aufmerksam gemacht wurde, dass es nicht sicher sei, einen Laptop mitzunehmen. Er, der sich selbst eine weitgereiste alte Tunte nennt, sagte: Du wirst trinken und jemand mit nach Hause nehmen, Du könntest bestohlen werden. Und außerdem ist es gar nicht sicher, dass sie Dir nicht bei der Einreise den Laptop abnehmen und bei der Ausreise wieder zurückgeben. Lass den Schrott da. Du wirst auf Kuba anderes zu tun haben!
Und wie Recht mein Freund hatte! Ich hatte anderes zu tun, und das Laptop mitzubringen wäre so gewesen, als würde man sich Sack und Pack auf den Rücken schnallen, um nur ja alles auf Reisen dabei zu haben, was einem wichtig erscheint. Das war die erste Lektion, die ich bezüglich Kubareisen gelernt habe: Lass rund fünfzig Prozent von dem, was Dir persönlich wichtig erscheint, zu Hause, wenn Du nach Kuba reist. Du wirst dafür sowieso keine Verwendung haben. Warum?
Weil Dich Kuba in Anspruch nehmen wird wie eine alte Dame, die all Deine Aufmerksamkeit einfordert, Deine Hingabe, und Deine Fähigkeit, zu lernen. Weil Du für Tinneff, Tand und Zeug keine Muse haben wirst. Weil Du genug damit beschäftigt sein wirst, mit den großen Augen eines Kindes eine Stadt zu durchwandern, die an manchen Tagen so scharf gezeichnet aussieht, wie ein Tony Scott Film, weil Du über Land wandern wirst, das so üppig ist, wie Du es noch nie gesehen hast, weil Du nachts mit offenen Mund den vollen Mond anstarren wirst, der diese goldene Straße auf den Golf von Mexiko wirft, weil Du vielleicht in stillen Momenten vor Reizüberflutung sogar weinen wirst, während hinter Dir zwei Halbwüchsige “A donde vas” von Leoni Torres singen. Deine Verpflichtung, cool zu sein, ist vom Moment Deiner Einreise an aufgehoben. Du kannst wieder Kind und Abenteurer sein, in Geschichte eintauchen und aus dem Vollen schöpfen.
Und wenn Du das alles dort erlebst, verinnerlichst und zu einem Teil Deines Wesens machen willst (Und sei sicher, das willst Du): Wozu willst Du die Devotionalien Deines Alltags mit nach Kuba nehmen?
Ich kaufte mir im Büroartikelgeschäft um die Ecke zwei Moleskines. Ich bin nämlich ein Vielschreiber. Ich wollte das alte Hemingwaygefühl, und obwohl ich weiß, dass ich nie sein Format erreichen werde, war es doch gut zu wissen, dass ich mit den handschriftlichen Notizen im Notizbuch zum eigentlichen Wesen des Schreibens zurückkehrte: Durch die Selektion der Notizen dem, was man schreibt, Gewicht und Bedeutung beizumessen.
Und das war es, was ich brauchte: Die Reiseunterlagen, die Reisekasse, leichte Kleidung, Bücher für den Strand, Sonnenmilch, Käppchen und Sonnebrille, den Moleskine, eine Füllfeder … und klar: meine Freunde.
Nach über zehn Stunden Flug wurde ich aus dem Flugzeug in ein Land geworfen, das ich nicht verstand. Und all das, was dann die Seiten des Moleskines füllte, war mein Versuch, zu verstehen: Die Menschen, ihr Leben, ihr Land.
In den darauffolgenden Tagen und Wochen explodierte mir die Lebensfreude im Gesicht und ich bin jetzt noch immer damit beschäftigt, die Trümmer einzusammeln.
Toller Bericht! Mein Kompliment. Daran kann sich der sogenannte Kuba-Experte JE mal ein Beispiel nehmen.
Und was sagt uns der tolle Bericht von Herrn Nahtschlaeger?
Über Kuba jedenfalls reichlich wenig…
Es sagt uns das er das Land nicht kennt!Und das er vom ersten Eindruck
Überwältigt ist.Da s legt sich mit der zeit wenn er mal öfter hinfliegt.Das mit dem Laptop ist eigentlich kein Problem allerdings sollte er wissen das schon am Flughafen die Leute schon ein bischen Schmieren muss!Ein schönes Land ist Cuba auf jedenfall.
Weiter so. Bin sehr gespannt.!
Auf diese Kolumne bin ich auch gespannt! Allein der Ausdruck, die Rechtschreibung, die Melodie der Sprache – nada que ver con Señor J.E….! Und er hat Recht, Kuba nimmt einen gefangen, verwirrt und bringt mehr Fragen als Antworten… Ich glaube, niemand, nicht einmal die Kubaner selbst oder ihre so genannten Regierungschefs verstehen dieses Land. Und erst recht kein Tourist oder Durchreisender… Man kann nur versuchen, sich auf irgendeine Art und Weise ein bisschen zu nähern und poco a poco ein paar Antworten auf die vielen Fragen zu finden…
Suerte! :-)