An einem Tag Anfang Juli rüsteten meine Freunde und ich uns für einen Tag am Strand von Mi Cayito. Um von Havanna dorthin zu gelangen, nimmt man einen Bus der Transtur, der vom Parque Central (Die Station ist genau gegenüber des Hotels Inglaterra) und fährt damit gut eingekühlt an der Playa de Este entlang bis nach Santa Maria del Mar. Dort steigt man bei der Station Atlantico aus (Das ist auch die Endstation) und geht dann noch etwa eineinhalb Kilometer weiter Richtung Osten. Immer an der bewachsenen Düne entlang.
Der Fußmarsch gehörte für uns bald zu einer Art Tradition, eine Art Waschung (In Hitze und Licht), um sich dem karibischen Gewässer für würdig zu erweisen. Und wenn wir nicht gerade plauderten, genossen wir die Stille. Dort, am Rande der Ortschaft, und kurz bevor das Nirgendwo beginnt, herrscht beständig eine schläfrige, von summenden Insekten punktierte Stille.
Dort, wo wir über die bewachsene Düne gehen, gibt es eine Getränkebude, wo es auch Imbisse gibt: Sandwich, Lomo, Pommes … Dort besorgten wir uns auch des öfteren eine Flasche Havanna Club Anejo Blanco (Ja, als Urlauber darf man auch mal am Strand einen heben, das gehört am Strand von Micayito sogar zum guten Ton), zwei Flaschen Cienfuegos Gaseo Limon, und wenn wir Glück hatten, gab es hin und wieder auch Eiswürfel in einem Plastikbeutel. Das Cienfuegos Gaseo Limon schmeckt wie Sprite, ist aber wesentlich billiger.
Mi Cayito ist ein verwilderter Strand, der etwas abseits der Touristenstrände liegt, und hauptsächlich von Einheimischen besucht wird. Um es auf den Punkt zu bringen: Mi Cayito ist ein Strand, an dem sich vor allem Männer einfinden, die lieber unter sich bleiben. Und an einem dieser Tage, an dem sich das Wetter nicht so wirklich entscheiden konnte, ob es nun sonnig oder apokalyptisch werden sollte, lernte ich den Radfahrer kennen. Und mit ihm lernte ich einen nicht unwesentlichen Teil des kubanischen Wesens kennen, den ich bisher nur vage wahrgenommen hatte.
Er kam gegen Mittag mit seinem Fahrrad über die Düne gerollt, lehnte es an einen im Sand liegenden Baumstamm und ging samt Radfahrertrikot schnurstracks zum Wasser, weiter und weiter, bis er nur noch ein dunkler Punkt im Geglitzer der Wellen war. Ich trank und machte meine Notizen; in diesen Tagen kritzelte ich meinen Moleskine voll mit Gedankensplitter und Ideen für Romane. Zwei Drinks später war er plötzlich wieder da, verspritzte im Gehen Wasser und ließ sich unweit von uns in den Sand fallen, beugte sich vor und pusselte an seinen Zehen herum.
Und in einem Moment fast vollendeter Stille, selbst das Wasser, das ans Ufer rollte, klang gedämpft, hörte ich seinen Magen knurren. Das war ein dermaßen urwüchsiger und sehnsüchtiger Laut, dass ich lachen musste. Er sah irritiert zu mir rüber und lächelte schüchtern. Ich stand auf, ging die paar Schritte zu ihm und sagte: “Du hast Hunger, hab ich gehört.” Er pusselte weiter an seinen Zehen und nickte, ohne mich anzusehen. Ich fragte: “Willst Du ein Sandwich? Oder Huhn? Oder Pommes? Was magst Du?”
Es gibt Sie noch Menschen die Einfach Zufrieden sind, und nicht ständig damit beschäftigt sind irgendetwas sinnlosem hinterherzuhecheln.Man hat dort auch nicht so den Bestätigungsdruck, und die Menchen mögen sich auch ohne das dies an eine gewisse Leistung gekoppelt ist.
Hi Jack,
damit hast Du natürlich recht: es gibt sie dort, diese Menschen, die von sich selbst aus dass zu sein scheinen, was Cubas Regierung wollte Der Reichtum Kubas liegt in den Ideen seiner Bürger.
Frank jedenfalls – und das wird sich im zweiten Teil der Geschichte erweisen – ist in seinem Herzen mehr Sozialist als es eine Regierung jemals sein kann, weil er die Werte lebt, ohne sie zu postulieren.
lg/Peter