Wird auch diesmal wieder – wie 2006 – der „Chávez-Faktor“ für die Wahlentscheidung der Peruaner eine entscheidende Rolle spielen? Dies ist nicht auszuschließen, denn bei den Peruanern ist Hugo Chávez nämlich äußerst unpopulär. Man sieht in ihm einen Diktator, der noch dazu Vladomiro Montesinos, Fujimoris einstigen Geheimdienstchef, nach dessen Sturz in Caracas untertauchen ließ. Seine offene Parteinahme für Ollanta Humala hatte diesem in der Stichwahl vor fünf Jahren den durchaus möglichen Sieg gekostet. Vor allem die städtische Ober- und Mittelklasse hatte ihre Stimme daher lieber dem wegen seiner desaströsen ersten Präsidentschaft in den 80er Jahren eigentlich wenig geschätzten Alan García gegeben.
Aus den Erfahrungen der Stichwahl von 2006 scheint Humala aber gelernt zu haben. Er gibt sich bisher jedenfalls alle Mühe, dass er von den in der Mehrzahl konservativen Medien Perus nicht wiederum als „Strohmann“ von Hugo Chávez karikiert werden kann. Anders als vor fünf Jahren tritt er diesmal nicht nur äußerst moderat und gewinnend auf, statt auf Chávez beruft er sich öffentlich auch lieber auf den in Südamerika angesehenen ehemaligen brasilianischen Präsidenten Lula.
Während Humala sich von Hugo Chávez distanziert hat, verteidigt Keiko Fujimori dagegen nicht nur die Diktatur ihres Vaters, angeblich läßt sie sich von diesem sogar beraten. Sollte sie gewinnen, könnte Peru also künftig aus der Gefängniszelle regiert werden. Oder sie entlässt ihn gar aus der Haft, so wie sie es mal als ihren wichtigsten Programmpunkt angekündigt hat. Trotz ihrer Beteuerungen, sich als Präsidentin an „Recht und Gesetz“ halten zu wollen, wäre dies nicht auszuschließen: Schließlich hätte sie als Präsidentin ja das Begnadigungsrecht!
Dass das Regime von Keiko Fujimoris Vater eine der kriminellsten und korruptesten Diktaturen in der Geschichte Perus war, scheint allerdings vor allem die jüngeren Wähler nicht zu stören. Viele von ihnen wissen davon, wenn überhaupt, sowieso nur noch vom Hörensagen. In ihren Äußerungen über die Wahlen in Internetforen und Blogs lassen sie jedenfalls mehrheitlich eine deutliche Sympathie für die „china“ Keiko Fujimori als Präsidentin erkennen.
Von einem Präsidenten Humala befürchten sie dagegen, dass er “die Grenzen schließen, die ausländischen Firmen aus Peru rauswerfen und nur noch heimische Marken erlauben will”. Dies läßt auf ein etwas einseitig merkantiles Verständnis von Demokratie bei der jungen Generation der Peruaner schließen, für die Freiheit offenbar zuallererst ungehinderter Konsum bedeutet. Dieser wäre jedenfalls bei einer Präsidentin Keiko Fujimori weiterhin garantiert, da sie die einst vom IWF verlangte und von ihrem Vater durchgesetzte neoliberale Wirtschaftpolitik der offenen Tür sicherlich fortsetzen wird.
Anders dagegen Humala: Sollte er in der Stichwahl vorne liegen, könnte es in Peru wieder zu einem Wechsel hin zu einer mehr staatswirtschaftlich orientierten Politik kommen. So will er nicht nur höhere Investitionen in Bildung und Gesundheit durchsetzen, Humalas Programm zielt auch auf die Förderung von heimischer Industrie und Landwirtschaft, die er durch die freihändlerische Politik von Präsident Alan García bedroht sieht, sowie eine stärkere nationale Kontrolle über Perus Rohstoffe, die derzeit weitgehend in den Händen ausländischer Konzessionäre sind.
Es ist ganau diese politische Programmatik, die Humala nicht nur in Perus Geschäftswelt und Oberklasse, sondern auch bei vielen, eher zur Mittelklasse gehörenden Selbständigen und Inhabern von kleineren Betrieben und Geschäften den Ruf eingebracht hat, in Wahrheit ein Kommunist zu sein. Zwar hat er seine früheren Versaatlichungspläne mittlerweile zurückgenommen. Doch hat er schon angekündigt, dass er auslaufende Konzessionsverträge mit den internationalen Rohstoffmultis nur zu deutlich höheren Abgaben für Perus Staatskasse neu verhandeln will. Dies hat bei den vielen internationalen Investoren zu ersten besorgten Reaktionen geführt und auch an Limas Börse sind die Kurse seit langer Zeit mal wieder gefallen.
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