Im Fall um den in Venezuela verhafteten mutmasslichen Terroristen Joaquín Pérez Becerra geht die Regierung in Caracas auf Konfrontationskurs mit Schweden. Wie Aussenminister Nicolás Maduro am Freitag bestätigte, habe Venezuela die schwedische Regierung um eine Erklärung gebeten, wieso eine international gesuchte Person nicht von den dortigen Behörden festgenommen würde. „In jedem Fall sollten sie uns beantworten, warum sie einer von Interpol gesuchte Person erlaubt haben, das Land zu verlassen“ konterte Maduro die Vorwürfe aus Stockholm wörtlich. Venezuela habe ohne Hinterganken oder Doppelmoral gehandelt sondern nur internationales Recht beachtet.
Zuvor hatte Stockholm gegen die Verhaftung des 55-jährigen bei seiner Einreise in das südamerikanische Land und die zwei Tage danach erfolgte Abschiebung nach Kolumbien scharf kritisiert und auf die schwedische Staatsbürgerschaft des Leiters einer FARC-nahen alternativen Nachrichtenagentur hingewiesen. Pérez Becerra hatte Kolumbien in den 90iger Jahren verlassen und in Schweden politisches Asyl beantragt. Im Jahre 2000 heiratete er in dem skandinavischen Land und nahm die dortige Staatsbürgerschaft an. Er betreibt dort als Journalist die „Nachrichtenagentur Neues Kolumbien“ ANNCOL.
Bogotá wirft Pérez Becerra vor, unter dem Decknamen Alberto Martínez bereits seit den 80er Jahren Mitglied der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) zu sein. Zudem sei der Journalist der Vertreter der Terrororganisation in Europa. Die FARC werden von Kolumbien, Perú, USA, Kanada und den 27 EU-Mitgliedsstaaten, darunter auch Schweden, als terroristische Organisation eingestuft. Andere Länder wie z.B. Brasilien verweigern sich diesem Status weiterhin und sehen die FARC, um diplomatische Konflikte zu vermeiden, lediglich als Guerilla-Organisation an.
Die sozialistische Regierung unter Staatspräsident Hugo Chavéz ist durch die nach internationalen Abkommen rechtmässige Handlung allerdings massiv unter Druck geraten. Viele linke und linksgerichtete Organisationen kritisierten den normalerweise positiv beurteilten Staatschef. „Chávez verkauft linken Journalisten an Santos“ titelte die Internetseite Rede Globo bereits kurz nach der Verhaftung, auch die Junge Welt sah Pérez Becerra von Chávez „an Kolumbien verkauft“. Beide ebenfalls linke Medien betonten in kommentarähnlichen Artikeln zudem die „üblen Manöver der venezolanischen Regierung“, die dem Wunsch des kolumbianischen Staatspräsidenten Juan Manuel Santos nachgekommen sei, der seinem venezolanischen Amtskollegen für eine schnelle Abschiebung oder mögliche Auslieferung angebliche Beweise vorgelegt habe, die „auf dem sagenumwobenen Laptop des ermordeten FARC-Kommandeurs Raúl Reyes gefunden worden sein sollen.“
Durch Anschläge der FARC kommen in Kolumbien seit Jahren fast täglich Polizisten und unschuldige Zivilisten ums Leben (wir berichteten ausführlich). Zudem befinden sich noch Hunderte Geiseln in der Gewalt der Terroristen, die sich vornehmlich durch den Drogenschmuggel finanzieren und faktisch keine politische Ziele mehr verfolgen. Auch Amnesty International und die UN-Menschenrechtskommission haben der FARC mehrfach schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und die Genfer Konventionen vorgeworfen.
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