Nach all den Aufregungen der letzten Tage und Wochen haben wir uns ein wenig Erholung verdient. Unser Ziel: der Kaliko Club etwa 2 Stunden von Port-au-Prince. Entlang der Küste der Bucht von Port-au-Prince reihen sich einige schicke Hotels bzw. Strandclubs. Der Kaliko Club hat Bungalows mit Meerblick, zwar keinen Sandstrand, nur Kiesel, aber eine irre Kulisse. Direkt nach dem schmalen Ufer erheben sich schon die grünen Berge der Chaine de Matheux. Sie bildet den Rand der tektonischen Verwerfung die sich an Port-au-Prince vorbei, über die Cul de Sac zieht, und die der Grund für den ganzen Schlamassel war. Anders als zu Ottos Zeiten sind die netten Hotels derzeit meist gut besucht bis ausgebucht.
Die Hilfsorganisationen lassen sich nicht lumpen und veranstalten wochentags Seminare und Kongresse in den schicken Herbergen. Kritisieren will ich das nicht. Ein bisschen „normales“ Businessleben muss man sich auch in Haiti gönnen, genauso wie ein bisschen Tourileben. Wir sind allerdings wenige im Verhältnis zum anwesenden Businessvolk. Wir treffen auch zwei Deutsche, die hier für Hilfsorganisationen zwei Wochel lang Kurse in Deeskalation geben, so richtig mit Live-Übungen und gespielten Entführungen – auf sie mit Gebrüll.
Etwa die Hälfte des Hotels ist mit geistlichem Personal besetzt. Pfarrer und religiöse Gruppen, soviel erfuhren wir im kurzen Austausch. Das interessiert mich ja dann doch.
Zunächst unterhalte ich mich mit einem amerikanischen Pfarrer. Es fällt auf dass die meisten Gäste Amerikaner sind, die lerne ich später kennen. In unserem Gespräch erklärt mir der Pfarrer, dass er zum Beten da ist. Ich befrage ihn ein wenig zu seinen Landes- Geschichts- und Sprachkenntnissen. Fehlanzeige. Er vermisst seine Familie in Texas. Wie lange er denn schon da sei? Er ist heute angekommen und wohnt die ganze Zeit über im schicken Hotel. Wir unterhalten uns mangels Haitispezifischer Themen ein wenig über die Haushaltskrise in den Vereinigten Staaten, allerdings kann er mit meinen Gedanken zu Obamas Gesundheitsreform mangels Sachkenntnis nichts anfangen. Er ist über seine Kirche versichert und gut versorgt.
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