Die Fertigstellung des Hauses machte Fortschritte, obwohl es ohne fremde Hilfe doch recht langsam voran ging. Ab und zu vergaben wir Arbeiten, jedoch niemals ohne selbst mit anzupacken, damit wir die Leute unter Kontrolle hatten. Den Lohn durften wir stets nur tageweise ausbezahlen, denn hatten sie zu viel Geld in der Hand, setzten sie es sofort in Rum oder Drogen um. Dann sahen wir tagelang keinen unserer Handwerker mehr.
Zusammen mit einem Nachbar, legte mein Mann den Estrichboden im Bad, den ich danach mit abwaschbarer Bodenfarbe strich. Joe baute danach die aus Deutschland mitgebrachten Einbauschränke und Waschbecken ein. Ich flieste die Dusche und mein Mann setzte die Toilette. Danach strichen wir noch den Rauputz an den Wänden, und Bad und Toilette waren fertig. Es war ein enorm großes Badezimmer. Wir fanden, dass es sehr schön geworden war. Für uns war es schlechthin das „Traumbad“.
Dem Estrichboden in Bad und Toilette sollte der im Wohnbereich folgen. Das waren immerhin knapp 100 m2. Der Estrich wurde gemischt indem man das ganze Trockenmaterial wie Sand, Zement etc. auf den Boden kippte. Dann rührte man mit Schaufeln, unter Zugabe von Wasser, die Masse wie den Teig eines riesigen Kuchens um. Das war bei diesen Temperaturen ganz schön schweißtreibend. Aber eine Betonmischmaschine gab es eben nicht. Danach standen wir mit den nackten Füßen im schwimmenden Estrich, um ihn glatt zu ziehen. Bei der Größe der Bodenfläche hatten wir uns mit dem Material jedoch etwas verschätzt, so dass uns kurz vor Beendigung der Sand ausging. Also schnappte ich mir kurzerhand unseren Arbeiter, Schubkarren, Eimer und zwei Schaufeln und wir gingen zum Fluss, um vom Ufer etwas Sand zu holen.
Diese Aktion hatte offenbar ein Nachbar, dem wir schon lange ein Dorn im Auge waren, beobachtet, und die Polizei gerufen. Zwei Polizisten kamen in einem Polizei Jeep angebraust und befahlen uns, sofort mit dem Graben aufzuhören. Der Sand sei Government Eigentum. Da ich unseren Kaufvertrag genau kannte, wusste ich, dass dies nicht stimmte. Als wir den Anordnungen des Offiziers nicht Folge leisteten, forderte er Verstärkung an, die auch kurz darauf eintraf. Zwei weitere Offiziere sprangen aus einem Jeep und forderten uns nun mit vorgehaltener Maschinenpistole auf, sofort unsere Arbeit zu stoppen. Als sie auch noch angaben, den Sand mitsamt Schubkarre und Eimern beschlagnahmen zu müssen, geriet ich so in Wut, dass ich ihnen den Sand vor die Füße kippte. So, nun hatte ich das Fass zum Überlaufen gebracht! Wir wurden Beide mit Waffengewalt verhaftet und mussten getrennt in die beiden Jeeps einsteigen, in denen wir zum Polizeirevier, das ebenfalls als Übergangsgefängnis diente, gebracht wurden.
Da die Polizei uns direkt vom Fluss weg geholt hatte, war ich nur sehr leicht bekleidet, es wurde mir jedoch nicht gestattet, mir etwas über zu ziehen. Beim Aussteigen vor dem Revier bekam ich von einigen jungen Uniformierten deshalb sehr anzügliche und schlüpfrige Bemerkungen zu hören. Als ich dann in einen Raum mit mehreren Betten eingesperrt wurde, bekam ich es zum ersten mal mit der Angst zu tun. Bei dem Gedanken, womöglich die ganze Nacht hier verbringen zu müssen, wurde ich fast panisch. Auf ihre Fragen gab ich keine Antworten, sondern verlangte stattdessen ständig und lautstark den Chef der Polizeistation zu sprechen, der dann tatsächlich nach einiger Zeit auftauchte. Nachdem ich ihm die Sachlage erklärt hatte, ging alles ganz schnell. Ich musste wieder raus auf den Hof, in den Jeep einsteigen, in dem noch die Gerätschaften von uns lagen, und wurde von ihm nach Hause gefahren. Dort wollte er alles sehen, den Fluss, die Stelle wo ich den Sand geholt hatte, etc. Zu unserer großen Verwunderung entschuldigte er sich dann ohne großen Kommentar für das Verhalten seiner Leute und fuhr wieder zurück.
Später erfuhren wir von unserem Anwalt, dass auf Tobago die Verhaftung einer Frau ausschließlich von einer Beamtin durchgeführt werden darf. Unser Anwalt informierte uns auch, dass wir den leitenden Offizier deshalb anzeigen konnten, und er ordentlich Schwierigkeiten bekommen würde. Doch das unterließen wir, da sich dies vermutlich negativ auf unsere Aufenthaltsgenehmigung ausgewirkt hätte.
Die dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten war das Wichtigste für uns, um auf Tobago bleiben zu dürfen.
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