Rastazöpfe und Gemüsegarten auf Tobago

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Datum: 25. Januar 2010
Uhrzeit: 07:38 Uhr
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Sprachkurs Spanisch (Südamerika)

Endlich konnte ich anfangen, einen Gemüsegarten anzulegen. Die wichtigsten Arbeiten am Haus waren getan, und so startete ich mit dem Garten. Das hatte ich schon lange vor gehabt. Wie sich bald heraus stellte, war dies Knochenarbeit! Der Boden war hart wie Beton, so dass ich ab und zu mit der Spitzhacke richtige Felsblöcke heraus hebeln musste. Der Schweiß lief in Strömen aber ich gab nicht auf. Nach und nach entstanden immer mehr Beete, die ich nach dem Einsäen mit Pferdemist düngte. Dadurch hatte ich richtig gute Ernte. Am besten gediehen die Salatgurken. Einmal konnte ich eine regelrechte „Monstergurke“ von sage und schreibe sechs Pfund ernten. Natürlich musste ich täglich das Unkraut jäten, denn es wuchs mindestens genauso gut und schnell wie das Gemüse. Aber diese Arbeiten machten Spaß und ich war richtig stolz auf meinen Gemüsegarten.

Bei all der Schufterei waren meine Haare vom Schwitzen ständig nass und klebten unangenehm an Kopf und Hals. Diesem Zustand wollte ich ein Ende setzen. Mir wurde ein Mädchen empfohlen, das viel Geschick besaß, Rastazöpfchen zu flechten. Also besorgte ich mir beim nächsten Einkauf in der Stadt blonde Kunsthaare. Dies war ganz schön schwierig. Es gab nur schwarze oder dunkelbraune Haare, denn helle Haarfarbe wurde hier bei den dunkelhäutigen Frauen nicht verwendet, wie man sich vorstellen kann. Das Mädchen kam früh morgens zu uns nach Hause und begann mit ihrer Arbeit an meinem Kopf. Sie flocht Stunde um Stunde.

Es waren unglaublich viele ganz dünne Zöpfchen, deren Ende sie mit der Flamme eines Feuerzeugs verschmolz. Erst am Abend war sie fertig mit ihrem Werk. Aber es hatte sich gelohnt! Ich war überwältigt, als ich in den Spiegel blickte! Mein Haar fiel nun in langen Zöpfchen mähnenartig bis über die Schultern. Die neue Frisur veränderte mich total, ich sah fast aus, wie eine der Einheimischen, nur eben blond. Nun konnte ich bei der Arbeit die Haare mit einem Band hochbinden, oder mit Haarspangen festklammern, so dass nichts mehr am Kopf klebte. Es war sehr praktisch und angenehm, und es sah toll aus! In der darauf folgenden Zeit geschah es öfters, dass Einheimische, Männer wie Frauen mich auf der Straße oder beim Einkaufen auf meinen tollen „Hairstyle“ ansprachen. Sie waren vor allem von der blonden Haarfarbe begeistert.

Leider gestaltete sich das Zusammenleben mit unseren Nachbarn  von Tag zu Tag komplizierter. Benötigten sie etwas, konnten sie superfreundlich sein. Hatten sie was sie wollten, musste man sich wieder vor ihnen in Acht nehmen.

In der Nähe war das kleine Holzhäuschen einer indischen Familie. Dieses bewohnte eine dicke Mama mit ihrem Mann, zwei halbwüchsigen Kindern, und noch einem erwachsenen Sohn nebst Frau und Baby. Wir fragten uns immer wieder, wie so viele Menschen in derart beengten Räumlichkeiten wohnen konnten. Oft klopfte die Mama bei uns an und bettelte um Kaffee, Zucker, Milch oder Mehl. Ab und zu wollte sie auch bei uns telefonieren oder ihre Lebensmittel in unseren Kühlschrank legen. Wir halfen immer aus, weil wir freundlich sein wollten. Wir wussten jedoch, dass es falsch war, denn eben diese Frau wiegelte immer wieder die anderen Nachbarsfrauen gegen uns auf, indem sie Lügen über uns verbreitete. Eines Mittags ertönten markerschütternde Schreie aus dem Haus der Inder.  Es wollte gar nicht mehr aufhören, so dass ich am liebsten hingeeilt wäre, um nachzusehen, ob Hilfe benötigt wurde. Aber ich hielt mich zurück, da ich zwischenzeitlich bei dieser Familie vorsichtig geworden war.

Spät am Abend schlich sich die junge Inderin auf unsere Terrasse. Sie sah schlimm aus! Sie hatte ein blaues Auge, eine Platzwunde am Bein und überall blaue Flecken. Ihrer Erzählung nach habe sie es zu Hause nicht mehr ausgehalten und wollte deshalb zusammen mit ihrem Baby heimlich zu ihren Eltern nach Trinidad fliehen. Als ihr Ehemann sie dabei erwischte, verprügelte er sie mit der Machete. Nun bat sie uns um das Geld für die Fähre nach Trinidad. Außerdem sollten wir sie bis zur Abfahrt der Fähre bei uns verstecken. Wir konnten ihr leider nicht helfen, da wir uns als Ausländer nicht in Familienstreitgkeiten einmischen durften. Dadurch hätten wir unsere Aufenthaltsgenehmigung aufs Spiel gesetzt. Außer guten Ratschlägen konnten wir ihr leider nichts mit auf den Heimweg geben. Ein paar Tage nach diesem Vorfall war sie dann doch geflohen, jedoch ohne ihr Baby. Später hörten wir, sie lebe nun wieder in Trinidad bei ihren Eltern. Allerdings blieb ihr Baby bei ihrem Ehemann. Diese Frau tat mir damals unendlich leid.

Nicht zum ersten mal musste ich erkennen, dass bei den Indern der Stellenwert der Frau nicht sehr hoch war.

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In „Abenteuer auf Tobago“ erzählt Solveigh Köllner von all den Abenteuern und Gefahren, aber auch von der einzigartigen Natur der Insel im karibischen Meer und den faszinierenden Eindrücken einer fremden Kultur.

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