Tausende von guatemaltekischen Familien haben keine Aussicht auf eine ausreichende Ernährung mit Fleisch und Milchprodukten, welche wesentlich für das körperliche Wachstum und geistige Entwicklung sind. Immer mehr Menschen geraten in diese Notlage, vor allem die indigene Mehrheit in den ländlichen Gebieten ernährt sich fast ausschließlich von Mais, Reis und Bohnen. Dies führt in vielen Fällen zu einem Zustand chronischer Unterernährung bei Kindern, welcher schon in einem frühen Stadium ihres Lebenszykluses den Rest ihrer Zukunft markiert.
Zum World Food Day (Welternährungstag) am 16. Oktober hat der zentralamerikanische Staat bei einer Bevölkerungsdichte von rund 14 Millionen Einwohnern die höchste Rate der chronischen Unterernährung bei Kindern unter fünf Jahren in Lateinamerika (49,3 Prozent) und eine der höchsten in der Welt. Dies belegen die aktuellen Zahlen des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF). „Wenn wir es schaffen kaufen wir alle 15 Tage etwas beim Metzger, auch wenn es nur ein Knochen ist. Normalerweise essen wir nur Bohnen und Mais“, teilt Landwirt Marvin Fajardo, Vater von drei Kindern in der südlichen guatemaltekischen Provinz Escuintla mit. „Zum Frühstück haben wir Bohnen und gelegentlich kleine Fische, für das Mittagessen haben wir Reis und Bohnen und das gleiche für das Abendessen“, fügt er hinzu.
In den letzten Tagen haben sintflutartige Niederschläge weite Teile des Landes unter Wasser gesetzt, nach jüngsten Berichten starben in Guatemala 22 Personen, 50.000 Menschen sind vor den Fluten auf der Flucht. „Ich habe meine ganze Ernte verloren, dies war unsere einzige Lebensgrundlage. Ich habe keine Ahnung wie ich meine Frau und unsere Kinder ernähren soll“, klagt Miguel Caballeros. In Totonicapán, der Provinz mit der höchsten Rate von chronischer Unterernährung im Land (77 Prozent der Bevölkerung), ernähren sich die Menschen mit Maismehl und Bananenblättern. Da die Zutaten für eine Suppe fehlen, wird Wasser mit einem Zusatz aus Gerste gekocht. „Eine ausreichende Ernährung für Kinder sollte aus rund 65 Prozent Kohlenhydrate, 15 Prozent Eiweiß und 20 Prozent Fett bestehen. Hier gibt es nicht einmal einen Bruchteil davon,“ berichtet Cyntia Tabin, Ernährungswissenschaftlerin am Nationalen Krankenhaus in der nordwestlichen Provinz Totonicapán.
In Guatemala kostet ein Pfund Mais umgerechnet 20 Cent (Dollar), während ein Pfund Rindfleisch zwei US-Dollar kostet. Dies führt zu einer unausgewogenen Ernährung, da Fleisch für einen Großteil der Bevölkerung unerschwinglich bleibt. Die chronische Unterernährung in den ersten 1.000 Tage des Lebens verursacht irreversible Schäden beim Menschen. „Idealerweise sollten Mütter und Kinder ab dem Zeitpunkt der Empfängnis und in den darauf folgenden zwei Jahre die bestmögliche Ernährung erhalten. Dies verhindern jedoch die nicht vorhandenen Fortschritte des Landes in Ernährungsfragen. Inzwischen hat sich die Anämie bei Kindern unter fünf Jahren von 42 auf 48 Prozent erhöht. Dies ist ein sehr ernstes Problem, welches weitgehend für die Unterentwicklung in Guatemala verantwortlich ist und dringend integrierte Maßnahmen auf struktureller Ebene erfordert“, so Tabin.
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