Die Unterschiede in Sachen Armutsvermeidung und Bildungszugang sind innerhalb der OECD immens. Während die nordeuropäischen Staaten am besten für gleiche Verwirklichungschancen sorgen, haben viele kontinentaleuropäische sowie angelsächsisch geprägte Wohlfahrtsstaaten erheblichen Nachholbedarf. Schlusslichter sind die USA, Griechenland, Chile, Mexiko und die Türkei. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung. Unter die Lupe genommen wurden die Politikfelder Armutsvermeidung, Bildungszugang, Arbeitsmarkt, sozialer Zusammenhalt und Nicht-Diskriminierung, Gesundheit sowie Generationengerechtigkeit.
Der internationale Vergleich zeigt: „Soziale Gerechtigkeit und marktwirtschaftliche Leistungsfähigkeit müssen sich keineswegs gegenseitig ausschließen. Dies belegen insbesondere die nordeuropäischen Länder“, so Aart de Geus, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung, bei der Vorstellung der Studie. Angeführt wird der Gerechtigkeitsindex von Island, Norwegen, Dänemark, Schweden und Finnland.
Armut und die wachsende Kluft zwischen arm und reich sind ein großes Problem in der OECD. Im Durchschnitt der 31 analysierten Staaten sind 10,8 Prozent der Menschen arm, d.h. sie müssen mit weniger als der Hälfte des nationalen mittleren Haushaltseinkommens leben. Besonders besorgniserregend ist dabei das Phänomen der Kinderarmut. Rund 12,3 Prozent der Kinder leben im Schnitt unterhalb der Armutsgrenze. Daher mangelt es vielerorts bereits an den Grundvoraussetzungen sozialer Gerechtigkeit und Teilhabe. Allerdings ist das Gefälle innerhalb der OECD immens: Während etwa in Dänemark nur 3,7 Prozent der Kinder von Armut betroffen sind, liegt die Quote in den USA bei erschreckenden 21,6 Prozent (Rang 28). Nur die Türkei, Chile und Mexiko schneiden schlechter ab als die größte Volkswirtschaft der Welt.
Viele der 31 untersuchten OECD-Staaten weisen zudem erhebliche Defizite bei der Frage gerechter Bildungschancen auf. Erneut sind es die nordeuropäischen Staaten Island, Finnland, Schweden und Dänemark, die auch in diesem Punkt besonders erfolgreich sind. Die großen Volkswirtschaften USA (Rang 20), Großbritannien (21) oder auch Deutschland (22) landen dagegen nur im unteren Drittel des Rankings. Inklusive Schulsysteme und verstärkte Investitionen in frühkindliche Bildung sind Schlüsselinstrumente, um künftig für mehr Chancengerechtigkeit im Bildungsbereich zu sorgen.
Soziale Gerechtigkeit hängt zudem maßgeblich von den Zugangschancen zum Arbeitsmarkt ab. Die globale Krise hat hier in fast allen OECD-Ländern dramatische Auswirkungen gehabt und so zu einer Verschärfung der sozialen Frage beigetragen: Besonders katastrophal ist die Situation in Spanien: Die allgemeine Arbeitslosenquote liegt inzwischen bei über 20 Prozent, Langzeitarbeitslosigkeit – eine der Hauptursachen für Armut soziale Exklusion – bei 9 Prozent und die Jugendar-beitslosigkeit sogar bei erschreckenden 41,6 Prozent. Der soziale Sprengstoff solcher Zahlen ist immens.
Schließlich: Unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit stehen viele OECD-Staaten vor immensen Herausforderungen. Der drastische Anstieg der Staatsschulden in den meisten Ländern stellt eine äußerst schwere Hypothek für künftige Generationen dar. Schlusslichter sind hier Irland, Island, Italien, Griechenland und Japan – letztgenanntes Land mit einem Schuldenstand von inzwischen über 200 Prozent seines BIPs.
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