Venezuelas Staatschef Hugo Chávez hat im Dezember 2011 über einen Zusammenhang zwischen den gehäuft auftretenden Krebserkrankungen bei lateinamerikanischen Staats-und Regierungschefs und einer möglichen geheimen Waffe der USA spekuliert. Dabei schloss er nicht aus, dass die Vereinigten Staaten eine Technologie entwickelt hätten, um Krebs zu erzeugen. Dr. Eduardo Cazap, Präsident der Union für internationale Krebskontrolle im schweizerischen Genf, hat die Aussage als „sehr fantasievolle Version“ der Ereignisse bezeichnet.
Der linksgerichtete bolivarische Führer ist bekannt für seine abenteuerliche Interpretation der Weltgeschichte. Im August vergangenen Jahres zog er während einer Kabinettssitzung öffentlich in Zweifel, das die “imperialistischen Yankees” jemals auf dem Mond gelandet seien. Ein klarer Beweis, dass die historischen Fernsehbilder von 1969 in den Studios von Hollywood entstanden sind, sei die Fahne, die nach der Installation auf dem Boden im Wind flatterte. Kurz danach gab er bekannt, dass die Eroberung des Grünen Platzes in Tripolis durch oppositionelle Rebellen ein Werk professioneller Schauspieler sei, inszeniert in einem Freilichttheater in Qatar.
Chávez spekulierte letzten Monat darüber, dass die USA eine geheime Waffe verwendet haben, um lateinamerikanische Staats-und Regierungschefs mit Krebs zu infizieren. „Wäre es seltsam, wenn sie die Technologie zur Krebsinduzierung entwickelt hätten und niemand wüsste davon? Das Auftreten der Krankheit bei mehreren lateinamerikanischen Staatschefs ist mit den Gesetzen der Wahrscheinlichkeitsrechnung schwer zu erklären“, teilte das nach eigenen Worten vom Krebs genesene Staatsoberhaupt in einer Fernsehansprache vor Soldaten auf einem Armeestützpunkt mit. Kurz danach gab er allerdings zu bedenken, dass er nur „laut“ gedacht habe. Das US-Außenministerium bezeichnete seine Bemerkungen als „entsetzlich und verwerflich“.
Der 58 Jährige bezog sich bei seinen Hirngespinsten auf Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff, die 2009 an einem Lymphom behandelt wurde, auf ihren Vorgänger Lula da Silva, der an Kehlkopfkrebs leidet und den paraguayischen Präsidenten Fernando Lugo, bei dem im August 2010 Lymphomen diagnostiziert wurden. Bei der von ihm zitierten argentinischen Präsidentin Cristina de Kirchner hat sich inzwischen herausgestellt, dass sie keine Krebserkrankung der Schilddrüse hat.
Damit leiden/litten vier Staatsoberhäupter aus insgesamt 24 Ländern Lateinamerikas an Krebs. Der argentinische Arzt Cazap weist darauf hin, dass zum jetzigen Zeitpunkt etwa 1% der Weltbevölkerung an dieser bösartigen Gewebeneubildung (Neoplasie) leiden. Zur These von Hugo Chávez teilte der Spezialist mit, dass das Risiko der lateinamerikanischen Staats-und Regierungschefs an dieser Krankheit zu erkranken höher als die der allgemeinen Bevölkerung ist. „Sie sind alle über 50 Jahre, Krebs ist eine Krankheit der älteren Menschen“, betonte er. Eine weitere Tatsache ist, dass bei den lateinamerikanischen Staatsoberhäuptern die Krankheit über einen Zeitraum von drei Jahren diagnostiziert wurde.
In Lateinamerika treten derzeit etwa 8 bis 10% der weltweiten Krebsfälle auf. „Die Häufigkeit von Krebserkrankungen in der Region wird sich in den Jahren 2020-30 enorm erhöhen. In den USA, Europa und Japan, wird die Inzidenz von Krebserkrankungen in den nächsten 20 Jahren allerdings stabil bleiben“, so Cazap. Nach seinen Worten führt die wirtschaftliche Entwicklung in Lateinamerika zu einer immer rascheren Verstädterung und Überalterung der Bevölkerung. In den wohlhabender werdenden Länder führt dies zu einer Veränderungen im Lebensstil, was zu einem Anstieg der Krebserkrankungen führen wird.
„Angesichts dessen können wir sicher sein, dass die USA keine Geheimwaffe zur Krebsinduzierung in Lateinamerika entwickelt haben- und diese deshalb auch nicht gegen Herrn Chávez und seine Amtskollegen/innen einsetzten. Chávez sehr fantasievolle Versionen der Ereignisse sind nur schwer auf die Wirklichkeit anzuwenden“, teilte Cazap in einem Interview mit.
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