Ärger mit den Nachbarn

Nachbarn-small

Datum: 03. Februar 2010
Uhrzeit: 08:36 Uhr
Leserecho: 0 Kommentare
Sprachkurs Spanisch (Südamerika)

Ein paar Kilometer von uns entfernt wohnte eine Familie, mit der wir gut befreundet waren. Isabelle, die aus der Schweiz kam,  war etwa zur gleichen Zeit wie wir nach Tobago ausgewandert. Mit ihrer Aufenthaltsgenehmigung hatte sie es um einiges leichter als wir. Sie war mit einem Einheimischen verheiratet, und die beiden hatten zusammen ein  Kind. Obwohl Isabelle ihren Stempel stets ohne Probleme bekam, unterlag auch sie zum Teil der Willkür der Immigration. Ohne Voranmeldung wurde deren Schlafzimmer inspiziert, um festzustellen, ob die Eheleute zusammen schliefen. So wollten die Beamten kontrollieren, ob ihre Heirat nicht vielleicht eine Scheinehe war. Oder die Beiden wurden zur Immigration bestellt, und dort getrennt voneinander befragt, welche Unterwäsche der Partner heute trug. Mit der Zeit gewöhnten sie sich an diese Schikanen und ertrugen sie mit Gleichmut.

Isabelle hatte ihren Mann vor Jahren bei einem ihrer vielen Urlaubsaufenthalte auf Tobago kennen und lieben gelernt. Nun waren sie und ihr Mann gerade dabei ein Haus zu bauen, genau wie wir. Ich freute mich jedes Mal, wenn Isabelle mit ihrer Familie uns besuchte. War da doch eine Frau, mit der ich wieder Deutsch reden konnte, die ähnliche Probleme wie ich hatte, und mit der ich auch mal einfach so von Frau zu Frau quatschen konnte. Von Isabelle erfuhr ich kreolische Kochrezepte, die sie von ihrem Mann wusste. Sie vermittelte mir zum Beispiel, wie man das einheimische Gemüse zubereitete, oder wir tauschten Brotbackrezepte aus, die wir selbst erfunden hatten.

Eines Mittags kam Isabelle mal wieder mit ihrem Mann zu Besuch. Im Auto hatten sie einen Karton, aus dem es leise miaute. Sie fütterten zu Hause stets ein paar halbwilde Katzen und eine davon hatte ihnen ein paar Katzenbabys vor die Tür gelegt. Nun baten sie, ob wir nicht eines davon nehmen wollten. Ich schaute mir die Kätzchen an, und konnte natürlich nicht widerstehen, eines davon auszusuchen. Es war ein schneeweißes Katerchen, das über dem einen Auge einen schwarzen Fleck hatte, so dass es aussah wie ein Bandit mit einer Augenklappe. Wir nannten den Kleinen deshalb auch „Bandit“.

Dieser kleine Kater schaffte, was bis dahin keines unserer Tiere fertig gebracht hatte, nämlich in unsere bis dahin tierfreie Bettzone zu gelangen. Im Schlafzimmer hatten wir über unserem Bett ein sehr komfortables Moskitonetz. Von der Decke an dicken Seilen abhängend hatten wir Bambusstangen angebracht. An diesen hingen wie Vorhänge rings um das Bett Moskitonetze. Tagsüber klemmte ich diese Netze unter der Matratze fest, damit kein Tier und auch kein Ungeziefer ins Bett hinein kommen konnte. Der einzige, der das trotzdem schaffte, war unser kleiner Bandit. Er bohrte so lange mit seinen Pfötchen, bis er einen kleinen Durchschlupf fand. Dann lag er wie ein kleiner Kringel den ganzen Tag faul und genüsslich mitten in dem großen Bett.

Leider wurde aber mit der Zeit das Verhältnis zu unseren Nachbarn immer schlechter. Nachdem wir keine Leute mehr beschäftigten, gab es für sie keinen Grund mehr, freundlich zu sein. Wir waren für sie nur noch die unliebsamen Eindringlinge, die ihnen ihr Land weg genommen hatten. So dachten jedenfalls die Meisten von ihnen. Das beste Beispiel dafür war unser nächster Nachbar. Anfangs hatten wir uns mit ihm so gut verstanden, dass er uns an Weihnachten sogar zum Essen eingeladen hatte. Die Stimmung war nun umgeschlagen, er versuchte uns immer mehr zu schikanieren.

Wenn er wusste, dass bei uns Besuch aus Deutschland weilte, stellte er in seiner kleinen Hütte die Lautsprecherboxen ans Fenster mit Schallrichtung auf unser Haus. Er drehte seine Musik unerträglich laut auf, dass man sich auf unserer Terrasse nicht mehr unterhalten konnte. Tagsüber war das ja noch auszuhalten, auch am Abend, aber früh morgens war das schon unangenehm für unsere Urlauber, die ja ein wenig ausschlafen wollten. Man muss sich das so vorstellen, dass bei Sonnenaufgang, also sehr, sehr früh, schlagartig ohrenbetäubende Musik ertönte. Vor Schreck fielen wir alle beinahe aus den Betten, und an Weiterschlafen war überhaupt nicht zu denken. Wir versuchten mit ihm zu reden, jedoch ohne Erfolg. Er war total uneinsichtig und wie die übrigen Nachbarn auch, von Neid zerfressen.

Die Zeit der Freundschaft und des Friedens war vorbei.

P.S.: Sind Sie bei Facebook? Dann werden Sie jetzt Fan von agência latinapress! Oder abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter und lassen sich täglich aktuell per Email informieren!

In „Abenteuer auf Tobago“ erzählt Solveigh Köllner von all den Abenteuern und Gefahren, aber auch von der einzigartigen Natur der Insel im karibischen Meer und den faszinierenden Eindrücken einer fremden Kultur.

© 2009 - 2024 agência latinapress News & Media. Alle Rechte vorbehalten. Sämtliche Inhalte dieser Webseite sind urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung von IAP gestattet. Namentlich gekennzeichnete Artikel und Leser- berichte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Für Einsendungen und Rückmeldungen bitte das Kontaktformular verwenden.

Dies könnte Sie auch interessieren

Kommentarbereich

Hinweis: Dieser Kommentarbereich ist moderiert. Leser haben hier die Möglichkeit, Ihre Meinung zum entsprechenden Artikel abzugeben. Dieser Bereich ist nicht dafür gedacht, andere Personen zu beschimpfen oder zu beleidigen, seiner Wut Ausdruck zu verleihen oder ausschliesslich Links zu Videos, Sozialen Netzwerken und anderen Nachrichtenquellen zu posten. In solchen Fällen behalten wir uns das Recht vor, den Kommentar zu moderieren, zu löschen oder ggf. erst gar nicht zu veröffentlichen.

Leider kein Kommentar vorhanden!

Diese News ist älter als 14 Tage und kann nicht mehr kommentiert werden!