Rund 5.000 Haitianer/innen sind in den letzten zwei Jahren nach Brasilien gekommen, 3.500 von ihnen leben im Bundesstaat Amazonas. Bevorzugtes Ziel der Menschen aus dem Nachbarland der Dominikanischen Republik ist inzwischen Porto Velho, die Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Rondônia. Die Stadt im Nordwesten von Brasilien hat sich zu einem Magneten für Einwanderer entwickelt, der Bau von zwei riesigen Staudämmen generiert zehntausende Arbeitsplätze.
Als Teil des „Programms für beschleunigtes Wachstum“ baut die brasilianische Regierung am Madeira Fluss zwei Mega-Staudämme. Im Rahmen dieses Programms wird ebenfalls die Infrastruktur des Landes verbessert, Straßen, Brücken und Dämme gebaut. Das Santo Antônio Wasserkraftwerk (Usina Hidrelétrica Santo Antônio) wird eine Kapazität von bis zu 3.150 Megawatt haben und liegt nur sieben Kilometer außerhalb der Stadt. Die Talsperre ist Teil eines Komplexes von vier geplanten Wasserkraftwerken am Fluss Madeira. Dieser besteht aus zwei Talsperren in Brasilien (die Santo-Antonio-Talsperre und die Jirau-Talsperre mit 3.300 MW etwa 100 km flussaufwärts), einer dritten an der Grenze zwischen Brasilien und Bolivien und einer vierten in Bolivien. Mehr als 20.000 Menschen wühlen sich in den Boden, die meisten stammen aus Peru und Bolivien.
Die geplanten Baukosten betragen rund 15 Milliarden US-Dollar, wurden im Laufe der Bauzeit des öfteren nach oben korrigiert. In Porto Velho gibt es bis zu 1.000 Bürger aus Haiti, hunderte arbeiten auf den Baustellen der Staudämme. Die haitianischen Arbeitskräfte erhalten die gleichen Löhne und Sozialleistungen wie der Rest der Mitarbeiter. Sie nehmen an einem Berufsausbildungsprogramm teil und erhalten intensive Sprachkurse in portugiesisch. Die meisten überweisen eine Großteil ihrer Löhne an ihre unterstützungsbedürftigen Familien nach Haiti und bezahlen die Schulden ihrer langen Reise nach Brasilien.
Die Zahl der Haitianer in Rondônia ist im Vergleich zu den Gemeinden der Bolivianer und Peruaner klein. Aufgrund der Entfernung zu ihrem Nachbarland, der schwarzen Hautfarbe und der sprachlichen Barriere, gelten sie als Ausländer. Sie sprechen in der Regel nur Kreolisch und Französisch, die neue Einwanderungswelle erinnert deshalb an die Ursprünge von Porto Velho, in denen Menschen aus karibischen Nationen eine wichtige Rolle spielten.
Die Stadt profitierte in ihren frühen Jahren vom Kautschukboom. Vor rund einem Jahrhundert kamen mehrere tausend Einwanderer aus den ehemaligen britischen Territorien der British West Indies, kollektiv als „Barbados“ bezeichnet. Zusammen mit Brasilianern und Ausländern aus anderen Ländern in Amerika, Asien und Europa, bauten sie die Madeira-Mamoré-Eisenbahn (EFMM) durch unwegsames Gelände, Sümpfe und Dschungel und verhalfen der Stadt zu bescheidenem Reichtum. Nun sind es erneut Menschen aus Haiti, die sich nach der Flucht vor der schlimmen Armut in ihrem Land in Brasilien ausbreiten. Sie profitieren dabei von einem noch nie da gewesenen Boom der Bauwirtschaft, sowie dem anhaltenden Hype im Energie-und Verkehrssektor.
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