Dass Fidel Castro zu Ehren des Stellvertreter Gottes auf Erden seine olivgrüne Uniform auszog und in einen schwarzen Maßanzug schlüpfte, hat die Kubaner beeindruckt. Eine Million Menschen kamen damals in Havanna auf den Platz der Revolution, um die Rede des Papstes zu hören. Johannes Paul II. erfüllte damals die an ihn gestellten Erwartungen. Er forderte mehr Rechte für die katholische Kirche und die Bevölkerung, kritisierte aber auch die Wirtschaftsblockade der USA als unmoralisch. Offene Worte sprach der damalige Erzbischof von Santiago, Pedro Meurice Estiú: „Heiliger Vater, ich stelle Ihnen eine wachsende Zahl von Kubanern vor, die das Vaterland mit einer Partei verwechselt haben, die Nation mit dem historischen Prozess, den wir in den letzten Jahrzehnen durchlebt haben, und die Kultur mit einer Ideologie.“ Revolutionsführer war über diese öffentlich geäußerten Worte alles andere als amüsiert.
Auch diesmal sind die Erwartungen an den Papstbesuch groß. Die katholische Kirche ist in den vergangenen 14 Jahren zu einem vom kubanischen Staat anerkannten Mittler geworden, dem viele politische Gefangene ihre Freilassung verdanken. Am Stadtrand von Havanna entstand ein neues Priesterseminar. Viele der alten, baufälligen Kirchen werden schrittweise saniert.
Trotzdem fällt das Urteil im aktuellen Länderbericht des weltweiten Hilfswerks „Kirche in Not“ negativ aus. Abgesehen von einigen positiven Ansätzen sei es um die Religionsfreiheit in Kuba weiterhin schlecht bestellt: „Die Religionsfreiheit wird vor allem durch Überwachung, Unterwanderung und Einschüchterung von Geistlichen, Ordensfrauen und Laien sowie durch den Missbrauch der Bürokratie eingeschränkt.“
So besteht beispielsweise seit September 2005 die gesetzliche Verpflichtung, Hauskirchen registrieren zu lassen und die Aktivitäten der Hausgemeinden zu melden. Optimistischer zeigt sich der Erzbischof von Havanna, Kardinal Jaime Lucas Ortega y Alamino: Kuba erlebe einen Glaubensfrühling, der das Volk der katholischen Kirche annähere. Der Papst selbst hofft, dass die konkreten Zeichen der Bereitschaft zur Religionsfreiheit weiter zunehmen werden. Ob Benedikt XVI. aber wiederholen wird, was er als Kardinal Ratzinger 1984 – mit Zustimmung Papst Johannes Paul II. – im Ergebnis der päpstlichen Glaubenskongregation als Orientierungen eröffentlichte, darf bezweifelt werden. Andererseits klingt es wie auf Kuba zugeschnitten: „Millionen unserer Zeitgenossen sehnen sich legitmer Weise danach, die grundlegenden Freiheiten wiederzuerlangen, deren sie durch totalitäre und atheistische Regierungsformen beraubt wurden, die auf revolutionärem und gewalttätigem Weg die Macht an sich gerissen haben und dies im Namen der Befreiung des Volkes.“
Im vergangenen Dezember hatte Benedikt XVI. in einer festlichen Messe im Petersdom die lateinamerikanischen Länder zur einer Rückbesinnung auf ihre christliche Tradition aufgerufen. In Kuba dürfte es nicht schwer fallen, die christliche Botschaft zu verkünden. Die Religion sei in der Bevölkerung tief verwurzelt, auch wenn die junge Generation durch den Staat atheistisch erzogen wurde. Vor zu hohen Erwartungen des Papstbesuchs warnt Michael Bautz, Generalvikar des Bistums Dresden-Meißen, der selbst zehn Jahre als Missionar auf Kuba tätig war, gegenüber domradio.de: Die Kirche erwartet Freiheit, in der Gesellschaft wirken zu dürfen, in der Erziehung und in der Bildung Einfluss nehmen zu können.“ Das sei schon viel.
Wenn der Papst schon lange wieder in Rom ist, am 30. August, 12 Uhr, werden dann alle Glocken Kubas zum Auftakt der Novene läuten. Neun Tage später, 400 Jahre nach dem ihrer Entdeckung im Meer, beginnen die großen Feierlichkeiten zu Ehren der La Virgen de la Caridad del Cobre.
Autor: Peter Chemnitz
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