Brasiliens Wirtschaftswachstum zwingt das Land sich mit einem Problem zu beschäftigen, welches lange nur vermeintlich „reichen“ Ländern wie die USA vorbehalten war. Der bevölkerungsreichste Staat Südamerikas nimmt 47 Prozent des Kontinents ein und grenzt an Französisch-Guayana, Suriname, Guyana, Venezuela, Kolumbien, Peru, Bolivien, Paraguay, Argentinien, Uruguay und den Atlantik. Brasilien hat mit jedem südamerikanischen Land, außer Chile und Ecuador, eine gemeinsame Grenze.
Präsidentin Dilma Rousseff steht unter politischem Druck. Eine Drogenwelle schwappt über das Land, Drogenhandel und illegale Einreise von Einwanderern nimmt besorgniserregende Ausmaße an und zwingt die Regierung zur Überprüfung ihrer Abwehr-Strategie. Der zunehmende Wohlstand hat in Brasilien eine neue Klasse von Verbrauchern mit größerer Kaufkraft geschaffen. Millionen Menschen leben direkt neben den drei größten Produzenten von Kokain in der Welt: Kolumbien, Bolivien und Peru.
Brasilien ist hinter den Vereinigten Staaten der weltweit zweitgrößte Konsument von Kokain. Die Kontrolle des Drogenflusses kostet der Regierung Milliarden von Dollar und erweist sich als große Herausforderung. Die gesamte Grenzlänge der präsidialen Bundesrepublik beträgt 15.887 km und ist damit nach der Volksrepublik China und Russland die drittlängste Landgrenze der Erde. Die zu überwachende Fläche ist fünfmal so groß wie die Grenze zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten, eine vollständige Kontrolle wird von Experten als unmöglich bezeichnet.
Über die 3.400 Kilometer lange Grenze zu Bolivien gelangen etwa 80 Prozent des Kokain-Verbrauchs nach Brasilien. Dutzende Schmuggler durchqueren täglich das meist undurchdringliche Gebiet, Drogen sind in den Schuhen, Hosen und der Unterwäsche versteckt. Zehn bis zwölf Grenzbeamte überwachen eine Strecke von rund 200 Kilometern- paradiesische Zustände für die Drogenkartelle.
Brasiliens neuer Schwerpunkt liegt auf Sicherung seiner Landesgrenzen, was bereits den Groll der Nachbarländer weckte. Da sich Brasilia bei der Bekämpfung des Drogenhandels Rat in den USA holt, pflegen einige linksgerichtete Staatsoberhäupter ihre Paranoia und entwickeln Verschwörungstheorien. „Ich hasse dieses Gerede. In Bolivien sagen die Leute, wir sind die neuen Yankees. Die Drogen kommen aus ihrem Land und wir sind gezwungen, etwas dagegen zu unternehmen“, erklärte Petro Taques, Senator des an Bolivien grenzenden Bundesstaates Mato Grosso. „Verbesserter Grenzschutz ist entscheidend für die Gesundheit der Wirtschaft und der Gesellschaft in Brasilien“, fügte er hinzu.
Bis vor kurzem hat niemand die Landesgrenzen ernst genommen. Fernando Henrique Cardoso, von Januar 1995 bis Dezember 2002 Präsident Brasiliens, schrieb vor kurzem seine Memoiren. Darin berichtete er von einem Urlaub im Pantanal (eines der größten Binnenland-Feuchtgebiete der Erde). Bei einer Tour durch das zum Welterbe durch die UNESCO erklärte Feuchtgebiet wurde er plötzlich von bolivianischen Soldaten festgenommen. Er hatte mit seiner Familie ohne Wissen die „unsichtbare Grenze“ zum Nachbarland überquert.
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