Humanitäre oder mindestens gemeinnützige statt kriminelle oder mindestens „eigennützige“ Energie entwickeln, das braucht nur Ideen, und die kosten so wenig wie Sonnenenergie oder Wind. Ich habe „eigennützig“ in Gänsefüsschen gesetzt, weil ich damit nicht unbedingt materiellen Eigennutz meine, sondern mannigfachen immateriellen, und der ist auch nicht schlecht.
Mit dem Begriff „humanitär“ verbindet sich in der Regel der Sinn von „selbstlosem“, großherzigem, wohltätigem Handeln gegenüber Armen und Hilfsbedürftigen, man spricht gern von humanitärer Hilfe und kann damit glänzen. In Haïti gehört es zum guten Ton, dass jede superreiche Familie ihre Schule oder Spielgruppe „unterhält“, eine egoistische Haltung um selber besser dazustehen ohne auf Wahrheit kontrolliert zu werden. Ähnliches gilt für Staaten und grosse Organisationen. Die pflegen nicht nur von einem glorreichen Namen zu profitieren, sie leisten sich auch etwas „Standesgemässes“, von Büro und -Technik bis zu Autos und Löhnen.
Du merkst, längst haben wir die Gefilde des Gemeinnutzens verlassen und frönen dem Eigennutz. Eigennutz ist nicht nur, sich selbst materielle Vorteile zuzubilligen, die die „Normalen“ nicht haben, im Grunde ist auch ein erhoffter immaterieller Vorteil, ein seltenes Erlebnis, ein Sport- oder Achtungserfolg, der Platz neben einem Promi, eigennützig.
1947 gründete ich mit lauter Gleichaltrigen den Jugend-Tierschutz und führte in der Alpenclubhütte Bärenfang das erste Jugend-Tierschutzlager durch, dem bald regelmässig weitere folgten, mit bis zu 1500 Teilnehmern, meist aber kleinere. Als ich nach Haïti umsiedelte, ging der SJT an den Schweizer Tierschutz über, er lebt noch heute. Gewiss war die Idee gemeinnützig und fruchtbar, aber die Motivation hatte durchaus auch ihre eigennützigen Seiten, den Stolz auf das Signet eines der bekanntesten Grafikers oder auf das Legat eines verstorbenen Industriellen half mir und allen Mittätern erklecklich über die Runden, wenn auch niemals materiell.
Auch die Welten der Höhlenabenteuer, der Erlebnisse bei Steinadlern oder andern Wildtieren beflügeln mich bis heute, und haben mir vor allem über den Totalverlust von 2010 weggeholfen, als innert 10 Sekunden mein ganzes Hab und Gut, das ich ein Leben lang in aller Welt ergattert hatte, zusammenkrachte und zu Staub und Steinen zerbröselte. Und heute schreibe ich damit Bücher und Kolumnen, das ist doch purer Eigennutz.
Im Schweizer Nationalpark filmte ich röhrende und suhlende Hirsche, man bezahlte mir 6 Franken/Tag. Der Eigennutz bestand im ungeheuren Erleben, wie es sonst keinem vergönnt war. In Afrika „verdiente“ ich 150 Fr./Tag, als Leiter von Lehrergruppen auf die höchsten Gipfel des Kontinents, oder in Kamelkarawanen durch die Wüste. Die Lehrer und Professoren aber bezahlten jeder tausende von Franken, nur fürs Erleben und für eine kurzbegrenzte Zeit. Das hatte ich „gratis“, aber sicher war das „eigennützig“.
Die Kilimandscharo-Besteigungen dauerten jeweils eine Woche. Wunderbar, durch Dschungel und Büsserschnee-Spitzen emporzusteigen, jeden Abend und in jeder Hütte eine passende Erzählung zum Besten zu geben. Die Gruppenmitglieder warteten immer gespannt „ufs Gschichtli“. Ihnen Freude zu machen, das zu sehen und zu erleben, das war mein Eigennutz. Dasselbe auch an den Lagerfeuern beim Durchqueren der Wüste. Die Kamele schmatzten daneben drauflos und schienen mich zu verstehen.
Ich habe früher jahrelang Filme vorgeführt, in den zehn grössten Städten der Schweiz, Kinderfilme, am Festival in Locarno Kunstfilme und dem Dalai Lama, wenn er mal in die Schweiz kam, Berichte aus seiner ehemaligen, jetzt von China besetzten tibetanischen Heimat. Ich habe meist ohne Geld gelebt, aus Gegengeschäften. Möglichkeiten dazu drängten sich förmlich auf, und sie umfassten alles. Ähnlich funktioniert es noch heute, zum Beispiel mit Gegenlinks.
Grad von heute zitier ich ein e-Mail: „Gerne haben wir den von Ihnen gewünschten Link ebenfalls platziert. Das ist auch eine Gegenleistung, von der sich beide Seiten zusätzliche Neugier-Klicks oder auch Anmeldungen bezw. Spenden erwarten dürfen. Nutzen ebenfalls vollkommen gratis und für beide Seiten.
Was UNSERE Seite betrifft, besteht der „Nutzen“ vor allem aus Spenden, die helfen unseren Strassenkindern zum Lesen und Schreiben lernen, zum Glücklich sein und zum länger Leben. Was MICH betrifft, besteht der „Nutzen“ im Erleben, das ist Eigennutz, auch wenn es sich um das Erleben des Gemeinnutzens handelt . Wir alle sind überaus glücklich und zufrieden.
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