Im südamerikanischen Land Brasilien wird die Herabsetzen der Strafmündigkeit von 18 auf 16 Jahre diskutiert. Vor wenigen Tagen hat die Kommission für Justiz und Verfassung entschieden, das Projekt zur Abstimmung über seine Verfassungsmäßigkeit im Plenum des Repräsentantenhauses freizugeben. Laut der brasilianischen Verfassung liegt das gesetzliche Mindestalter bei 18 Jahren, der Vorschlag zur Senkung der Strafmündigkeit findet bereits seit 23 Jahre statt. Befürworter argumentieren, dass im vom Gewalt geprägten Brasilien viele Verbrechen ungesühnt beleiben, weil sie von Jugendliche begangen werden. Adveniat-Hauptgeschäftsführer Prälat Bernd Klaschka hat sich entschieden gegen die in Brasilien diskutierte Herabsetzung der Strafmündigkeit von 18 auf 16 Jahre ausgesprochen. „Knast statt Prävention ist keine Lösung des Gewaltproblems“, betonte Klaschka am 31. März in Essen. Der Verfassungszusatz „171/93“ trüge zur Kriminalisierung Jugendlicher bei und die wirklichen Verantwortlichen, beispielsweise die Drogenbosse, rückten dadurch weiter aus dem Fokus der Behörden. „Dadurch werden die Opfer der Drogenkartelle zu Tätern gemacht“, so Klaschka.
Erfahrungen aus den USA hätten zudem gezeigt, dass die Erhöhung des Strafmaßes für Minderjährige nicht zu weniger Straftaten führe. Im Gegenteil – in den Gefängnissen würden Jugendliche oftmals erst zum Verbrecher. Eine Resozialisierung nach der Haftstrafe finde laut Klaschka in den meisten Fällen nicht statt. Ein Großteil der Häftlinge werde später wieder rückfällig. „Je mehr Menschen man wegsperrt, desto größer wird also das Gewaltproblem“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerkes. „Wir müssen benachteiligten Kindern und Jugendlichen durch den Zugang zu Bildung Flügel verleihen, statt sie einzusperren.“
Heftige Proteste kamen auch aus der katholischen Kirche in Brasilien. Die Herabsetzung der Strafmündigkeit sei „ein Mordkomplott gegen arme Kinder und Jugendliche der Peripherien unserer Großstädte“, heißt es in einer Stellungnahme des Generalsekretärs der Brasilianischen Bischofskonferenz, Dom Leonardo Steiner. „Parlamentarier sollten sich lieber für die Verteidigung der Würde von Kindern und Jugendlichen einsetzen, statt diese als Kriminelle abzustempeln und sich ihrer zu entledigen.“ Durch den geplanten Verfassungszusatz würde der Druck von den öffentlichen Institutionen genommen, ihrer verfassungsmäßigen Verpflichtung nachzukommen und den Jugendlichen Zugang zu zivilen, politischen und sozialen Bürgerrechten wie Bildung, Gesundheit, Kultur und öffentlichem Transport zukommen zu lassen. Angesichts der aktuellen Korruptionsvorwürfe gegen Politiker und Regierende dürften sich die Kinder und Jugendlichen Brasiliens sowieso schon fragen, welchen Vorbildern sie eigentlich folgen sollen, kritisierte Steiner.
Brasilien hat nach den USA, China und Indien die viertgrößte Gefängnisbevölkerung der Welt. „Von 1992 bis 2012 stieg die Anzahl der brasilianischen Gefängnisinsassen laut der Nationalen Gefängnisabteilung von 114.000 auf rund 550.000, was einen Anstieg von 380 Prozent bedeutet“, sagte der Leiter der brasilianischen Gefängnispastoral und Adveniat-Projektpartner, Valdir João Silveira. Im gleichen Zeitraum sei die brasilianische Bevölkerung nach Angaben des Nationalen Statistikinstituts nur um 30 Prozent gewachsen. In den Gefängnissen säßen alle zusammen ein: von Tätern mit umfangreichem Strafregister bis hin zu Taschendieben. „Dort auch noch Jugendliche hineinzustecken, ist wie sie zu vergewaltigen“, sagte Silveira. Sie würden dann wie professionelle Kriminelle behandelt und für den Rest ihres Lebens stigmatisiert.
In den Gefängnissen würden die menschlichen Grundrechte missachtet. Insbesondere die Gesundheitsversorgung ist nach Aussage von Silveira unzureichend: „Viele kommen krank oder verwundet im Gefängnis an, viele sterben durch fahrlässiges Verhalten. Folter und Misshandlungen sind weit verbreitet – mit dem stillschweigenden Einverständnis der Behörden, die für die Aufsicht der Gefängnisse zuständig sind.“ Durch die Gefängnispastoral sei die Kirche bei den Inhaftierten. „Wir besuchen sie dort, wo sie sich gerade befinden: in der Strafzelle, auf der Krankenstation oder in der Sicherheitszelle“, sagte Silveira. „Wir sprechen mit ihnen, hören zu und versammeln uns, um die Eucharistie zu feiern. Wir klären sie über ihre Rechte auf und helfen ihnen, dafür zu kämpfen.“ Adveniat unterstützt diese Arbeit sowohl auf nationaler Ebene, als auch in vielen Gemeinden.
„Je mehr Menschen man wegsperrt, desto größer wird also das Gewaltproblem“, Diese Aussage läßt im Umkehrschluss ja zu, dass man gar keine Verbrecher mehr wegsperren solltem, je kleiner wird das Gewaltproblem. Eine tolle Feststellung.
Man sollte Gefängnisse bauen mit Werkstätten, um die Inhaftierten zu beschäftigen und auszubilden für die Zukunft. Allein die dort zu fertigen Produkte würden allen und der Volkswirtschaft zugute kommen. Aber daran haben Poliker kein Interesse, sie verstärken lieber ihre Bewachung.
Nur wegsperren und sonstiger Firlefanz nützt gar nix.
Meine Meinung, Erika Carlos