Kolumbien: Verbrechen an Journalisten dürfen nicht straffrei bleiben

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In diesem Jahr wurden bereits zwei Journalisten aufgrund ihrer Arbeit getötet (Foto: Archiv)
Datum: 09. April 2015
Uhrzeit: 13:09 Uhr
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Autor: Redaktion
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Reporter ohne Grenzen fordert die kolumbianische Regierung dazu auf, mit Nachdruck gegen die anhaltende Bedrohung von Journalisten vorzugehen. In der Innenstadt von Bogotá kommen am heutigen Donnerstag Bürger und Politiker wie Präsident Santos zu einem Marsch zusammen, mit dem sie auch die aktuellen Entwicklungen im Friedensprozess würdigen. Gleichzeitig müssen kritische Journalisten in dem südamerikanischen Land jedoch noch immer mit massiven Bedrohungen oder gar mit Mord rechnen. „Die kolumbianische Regierung muss kritische Journalisten im Land viel entschiedener schützen“, so ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in Berlin. „Trotz der Friedensverhandlungen zählt Kolumbien nach wie vor zu einem der gefährlichsten Länder Amerikas für Journalisten und die meisten Verbrechen an Journalisten bleiben straffrei.“

In diesem Jahr wurden bereits zwei Journalisten aufgrund ihrer Arbeit getötet: Am 2. Februar erschossen Unbekannte den Radiojournalisten Edgar Quintero in der Nähe seines Senders Radio Luna in der Stadt Palmira in der Provinz Valle del Cauca. Dem Mord vorausgegangen waren jahrelange Drohungen gegen den kritischen Journalisten. Am 14. Februar wurde Luis Peralta, der Gründer des unabhängigen Radiosenders Linda Stéreo in der Stadt El Doncello in der Provinz Caquéta ermordet. Peralta hatte bei Linda Stéreo wiederholt über Themen wie Korruption berichtet und war mehrfach Angriffen und Bedrohungen ausgesetzt gewesen. Gerade Mitarbeiter nichtkommerzieller Radiosender werden in Kolumbien häufig angefeindet. Seit dem Jahr 2000 wurden mindestens 58 Journalisten aufgrund ihrer journalistischen Arbeit ermordet.

Wer unliebsame Informationen über mächtige Lokalpolitiker veröffentlicht, muss mit Drohungen und Gewalt rechnen. Gefährlich sind auch Themen wie Landkonflikte, Korruption, der jahrelange Bürgerkrieg oder die Drogenkriminalität. Am 14. März dieses Jahres erhielt die Zeitungsreporterin Ana Cristina Restrepo Jiménez nach Interviews in einem von Drogenbanden kontrollierten Teil von Medellín einen Telefonanruf, in dem ein Unbekannter sie dazu aufforderte, das Viertel künftig zu meiden, ansonsten werde man sie und ihre Kontaktpersonen in dem Stadtviertel töten. Restrepo schreibt für die Tageszeitungen El Colombiano aus Medellín und El Espectador aus Bogotá und recherchiert seit Monaten für ein Buch über Kolumbiens Drogenkartelle, das auch die Banden in Medellín thematisierten soll.

Paramilitärische Gruppen wie Los Urabeños oder Aguilas Negras haben Journalisten wiederholt zu „militärischen Zielen“ erklärt. Im Dezember vergangenen Jahres veröffentlichte Aguilas Negras sogenannte schwarze Listen mit den Namen von 14 Journalisten und 12 Medienorganisationen. Die Bande drohte den Genannten, sie gewaltsam zum Schweigen zu bringen, sollten sie bis zu einer festgesetzten Frist nicht den Ort, an dem sie arbeiteten, verlassen. Bei den Bedrohten handelte es sich um kritische Journalisten und unabhängige Medien, die regelmäßig über Themen wie die Friedensverhandlungen, Korruption oder Menschenrechtsverbrechen berichteten.

Bereits im September wurden acht Journalisten in den Städten Cali und Buenaventura von Mitgliedern der Gruppe Los Urabeños mit einer Todesliste bedroht und unter Druck gesetzt, ihren Wohnort zu verlassen. Betroffen waren etwa Darío Gómez von Radio Caracol, Julio Cesar Bonilla vom örtlichen Fernsehsender Voces del Pacífico und Henry Ramírez von Noticias Uno. Los Urabeños beschuldigte die Journalisten, über die Verhaftung eines ihrer Mitglieder „falsche Informationen“ in Umlauf gebracht zu haben. Reporter ohne Grenzen zählt Los Urabeños zu den Feinden der Pressefreiheit.

In vielen Fällen von Mord, Gewalt oder Bedrohung schließen die Behörden bei ihren Ermittlungen die journalistische Arbeit der Opfer als Motiv allzu schnell aus. Nur selten zieht die Justiz die Verantwortlichen zur Rechenschaft. Zahlreiche länger zurückliegende Morde könnten dauerhaft ungestraft bleiben, weil vor dem Jahr 2000 begangene Taten in der Regel nach 20 Jahren verjähren.

Aus Angst um ihr Leben fliehen Journalisten immer wieder in andere Landesteile oder gehen direkt ins Exil. Nachdem im September 2014 zwei Schüsse auf ihre Wohnung in Barrancas abgegeben wurden, flüchtete sich etwa die Radio Noticias Uno-Korrespondentin Amalfi Rosales in die Provinz La Guajira. Nach Todesdrohungen von Aguilas Negras musste sich auch der Fotograf und Menschenrechtsverteidiger Juan Pablo Gutiérrez im August vergangenen Jahres vorübergehend verstecken. Die Gruppe hatte gar gefordert, er solle Kolumbien verlassen.

Am 9. Februar, dem „Tag des Journalisten“ in Kolumbien, fragte Reporter ohne Grenzen kolumbianische Journalisten nach ihrem größten Wunsch. Die einhellige Antwort lautete: Sicherheit und ein Ende der Straflosigkeit bei Verbrechen gegen Journalisten. Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Kolumbien auf Rang 128 von 180 Staaten.

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