Lateinamerika gilt als eine der gewalttätigsten Regionen der Welt. Am stärksten betroffen sind Venezuela, Mexiko, Guatemala, Honduras, El Salvador und Brasilien. Mehr als 40 der 50 weltweit am stärksten von Gewalt geprägten Städte liegen in Lateinamerika, ein hohes Maß an sozialer Ungleichheit, leichter Zugang zu Schusswaffen und ein hoher Anteil perspektivloser junger Männer sind für dieses Übel mit verantwortlich.
Mit Rio de Janeiro verbindet man unweigerlich die Begriffe Karneval, Copacabana, Zuckerhut und Lebensfreude. Die zweitgrößte Stadt Brasiliens leidet allerdings auch unter einer hohen Kriminalität. Drogenhandel und wilde Schießereien in den Favelas drängen in die mediale Berichterstattung. Weitgehend unbeachtet bleibt dabei, dass im Bundesstaat Rio de Janeiro jeden Tag eine Frau ermordet wird. Statistiken des Instituts für Öffentliche Sicherheit (ISP) belegen einen Anstieg von 18% bei der Zahl der Morde. 420 Frauen wurden im vergangenen Jahr getötet – ein Anstieg von 18% gegenüber dem Jahr 2013 (356).
Laut der Soziologin Andréia Soares Pinto, eine der Organisatorinnen der Studie „Dossiê Mulher“, sind die kriminellen Handlungen gegenüber Frauen nicht auf eine erwartete Straflosigkeit bei der Täterschaft zurückzuführen. Sie führt die Verbrechen auf die „Macho-Kultur“ zurück, die Männer denken lässt, dass Frauen ihr Eigentum sind. Nach ihren Worten hat sich das männliche Denken diesbezüglich nicht verändert. Die Gewalt gegenüber Frauen geschieht nach ihrer Meinung auf fünf verschiedene Arten: sexuell, physisch, moralisch, psychologisch und aus materiellen Gründen.
Die Umfrage zeigt, dass sich im vergangenen Jahr die meisten der Morde in den ärmeren Gebieten der Metropolregion ereigneten. In Nova Iguaçu, Nilópolis und Mesquita wurden insgesamt 45 Frauenmorde registriert, in Duque de Caxias 36 und in São Gonçalo 29. In Leblon, einem der wohlhabenden Viertel, gab es drei Fälle im vergangenen Jahr. Eine weitere Analyse ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen dem Opfer und seinem Mörder. 41 der 420 registrierten Tötungsdelikte wurden vom Ehemann oder Ex-Partner begangen (9,8%).
Eine weitere traurige Tatsache ist die Zahl der Vergewaltigungen. Trotz einer Reduktion von 3% (4.725 Fälle im Jahr 2014 zu 4.871 im Jahr 2013) werden durchschnittlich jeden Tag 13 Frauen im Bundesstaat Rio de Janeiro vergewaltigt. 64,2% der Opfer waren unter 17 Jahren (der Bereich zwischen 12 und 16 Jahren hatte dabei den höchsten Anteil mit 33,3%). In 42% der Vergewaltigungen hatten Opfer und Täter eine Art von Beziehung (Ehemänner, Ex-Partner, Eltern, Stiefeltern, Nachbarn, Kollegen oder Freunde).
Leider kein Kommentar vorhanden!