Am Donnerstag (16.) gab die Staatsanwaltschaft bekannt, gegen den ehemaligen brasilianischen Regierungschef Luiz Inácio Lula da Silva Ermittlungen wegen des Verdachts auf illegale Einflussnahme (Bestechung) einzuleiten. Er soll dem größten Baukonzern des Landes (Odeberecht) Aufträge zugeschanzt haben, darunter künstlich verteuerte und hauptsächlich von der Brasilianischen Entwicklungsbank (Banco Nacional de Desenvolvimento Econômico e Social) finanzierte Milliardenprojekte in Kuba, Dominikanische Republik, Venezuela, Ghana und Angola. Ein Teil der Gelder aus Aufträgen zu überhöhten Preisen soll in die Wahlkampfkasse der regierenden Arbeiterpartei geflossen sein, der auch Lula und Präsidentin Dilma Rousseff angehören. Landesweit und in allen Bevölkerungsschichten wachsen die Rufe nach dem Rücktritt oder Amtsenthebung von Rousseff, die Abgeordnetenkammer erwägt die Einleitung eines politischen Prozesses für die Amtsenthebung der Präsidentin.
Eduardo Cunha, Präsident der Abgeordnetenkammer und Führer der Partei „Partido del Movimiento Democrático Brasileño“ (PMDB), gab dieses Vorhaben am Donnerstagabend (16.) bekannt. In einem TV-Interview betonte er, dass „das Verfahren ein Rückschlag für die Demokratie ist“, erwartet nach eigenen Worten eine „rechtliche Analyse über die Angelegenheit innerhalb von 30 Tagen“ zu erhalten. Cunha sprach ebenfalls von der Möglichkeit, dass die „PMDB“ die Regierungskoalition bereits vor den nächsten Wahlen im Jahr 2018 verlassen könnte. Im April dieses Jahres hatte Cunha die Möglichkeit einer Anklage gegen die Präsidentin noch vehement abgelehnt.
Update 18. Juli
In einem TV-Interview gab Eduardo Cunha bekannt, die Regierungskoalition zu verlassen. Ebenfalls werde er seine Partei auffordern, in die Opposition zu gehen. Die Zentrumspartei ist ein wichtiger Verbündeter der seit 2003 regierenden Arbeiterpartei von Präsidentin Dilma Rousseff, ohne die das bereits politisch schwer angeschlagene Staatsoberhaupt keine Mehrheit mehr im Kongress haben wird. Nachdem Cunha im Petrobras-Skandals vehement Aufklärung fordert, haben die Regierung und Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot nun Vorwürfe gegen ihn erhoben. „Ich mache bei diesem Theater nicht mit und kann das Vorhaben der Regierung und ihrer Mechanismen nicht akzeptieren. Politische Verfolgung von Personen, die sich gegen die Regierung wenden, erfordern Konsequenzen“ so Cunha.
EIn Rückschritt für die Demokratie ist, bzw. war, was die Linken Regierungen unter Lula und Roussef jahrelang abgezogen haben. Was nun aber im Gange ist, kann man nur als gewaltigen Fortschritt für die Demokratie bezeichnen. Allein die Tatsache, dass ein solcher Prozess der Selbstreinigung mit demokratischen Mitteln möglich ist, gibt Anlass zur Hoffnung, selbst dann, wenn die nachfolgende Regierung auch wieder korrupt sein sollte. – In Venezuela kann man von einem solchen Prozess nicht mal träumen. Dort wird verhaftet oder ermordet, wer einem Mitglied der PSUV-Bande am Lack kratzt.