Das vom Äquator durchquerte Land ist dafür bekannt, eine der fortschrittlichsten und zukunftsgerichtetsten Konstitution Lateinamerikas zu haben. Viele Befürworter der freien Presse sprachen sich im Sommer 2012 dankbar gegenüber der Regierung Ecuadors aus, da diese Julien Assange, Sprecher der Enthüllungsplattform “WikiLeaks”, politisches Asyl in der ecuadorianischen Botschaft in London gewährt hat. Jüngste Vorfälle lassen allerdings hinterfragen, ob Ecuador und seine Regierung wirklich so tolerant und liberal sind wie es scheint. Erst kürzlich berichtete die “Frankfurter Rundschau” über Kontrolle und Zensur, die die staatliche Presseaufsicht auf die öffentlichen Medien ausübt. Die größte Zeitung des Landes, “El Universo” hatte darüber berichtet, dass der ecuadorianische Staat, den staatlichen Rentenkassen bis zu 1,7 Millionen Dollar schuldet. Worauf die Regierung eine Gegenstellung forderte, in dem “El Universo” versichern sollte, die Rentenversicherung hätte in der Vergangenheit große Fortschritte gemacht und es würden auch zukünftig weitere Fortschritte erwartet werden. Als “El Universo” nicht nachgab, wurden sie mit einer der höchsten Bußgeldzahlungen der letzten 2 Jahre bestraft.
Solche Beispiele sind längst keine Einzelfälle mehr. Seit 2013 wurden der “Interamerikanischen Gesellschaft der Presse“ zufolge 270 Verfahren gegen öffentliche Mediengesellschaften eingeleitet worden. Der Interamerikanischen Menschenrechts-Kommission zufolge habe Ecuador nach Kuba die restriktivsten Mediengesetze des Kontinents. In Ecuador sei, so “Reporter ohne Grenzen“, eine “systematische Kampagne zur Dämonisierung“ der privaten Presse im Gang”.
Anfang dieses Monats veröffentlichte die Nichtregierungsorganisation “Associated Whistleblowing Press (AWP)” über die Seite “Ecuador Transparente” Geheim-Dokumente der “Secretaría Nacional de Inteligencia de Ecuador (Senain)”, des ecuadorianisches Geheimdienstes. Die Dokumente lassen annehmen, dass die Regierung Rafael Correas, Journalisten, Aktivisten und Politiker der Opposition systematisch überwacht haben.Die Spionage beinhalte sowohl physische, als auch digitale Verfolgung. Zwar ist die Echtheit der Dokumente bisher noch nicht zweifelsfrei bewiesen, andererseits hat sich die Regierung aber weder nach der Veröffentlichung, noch zum jetzigem Zeitpunkt zu den Vorwürfen geäußert.
Laut den veröffentlichten Dokumenten waren nicht nur Ecuadorianer für “Senain” interessant, unter den inhaltlich genannten Personen befinden sich demnach auch Europäer, wie der Deutsche Sigmund Thies. Dieser spricht sich seit mehreren Jahren für den Erhalt des Regenwaldgebiets “Yasuni” aus. Auch einige, nach “AWP” betroffenen Personen, äußerten sich öffentlich über ihren Twitter Account zu den veröffentlichen Informationen. Wie die landesweit bekannte Nachrichtensprecherin und Journalistin Maria Josefa Coronel. Sie twitterte: “Si algo le pasa a las personas espiadas o a sus familias, será de exclusiva responsabilidad de este gobierno espía, represivo y hostigador.” Übersetzt: “Falls einem der überwachten Personen oder seiner Familie etwas passiert, wäre dies auf Verantwortung dieser lästigen, ausspionierenden und unterdrückenden Regierung.”
Doch nicht nur von Einzelpersonen wird berichtet. Nach “AWP” sind auch ökologisch- motivierte, politische Bewegungen betroffen. Im Falle “Yasunidos”, einem Naturschutz-Verband, der sich auf die Rettung des großflächigen Regenwaldgebiets “Yasuni” spezialisierte, hat die Überwachung “AWP”s zufolge strategischen Hintergrund. Ziel sei es gewesen, die großorganisierte Unterschriften- Petition gegen die Ausbeutung der dort vorhandenen Rohstoffe zu boykottieren. Nach Erscheinen der Dokumente erstattete “Yasunidos” Anzeige – als einzige der in den Dokumenten angegebenen politischen Bewegungen. Auch der Leiter des Indigenen Verbands “ECUARUNARI” Carlos Pérez, warf letzte Woche in einer Live-Ausstrahlung, während des großen Protests der Indigenen Bevölkerung, der ecuadorianischen Regierung Verletzung der Privatsphäre und nicht gerechtfertigte Spionage vor.
Einige Tage später wurde die Freundin des Aktivisten Pérez, Manuela Picq, (Franco- Brasilianerin) von der Polizei während eines Marsches durch die Altstadt Quitos gewaltsam festgenommen. Der Regierung zu Folge, hatte sie gegen ihre Visa- Auflage verstoßen. Picq sollte nach dreitägiger Festnahme nach Brasilien abgeschoben werden.Doch nach mehrtägigen Protesten der empörten Bevölkerung und einer landesweiten Unterschriftspetition wurde Picq am 17. August freigelassen. Dementsprechend kann es den beiden Journalisten der “AWP” ergehen, denen nun Staatsverrat und – ironischerweise – Verletzung der Privatsphäre vorgeworfen wird. Dies kann für die Beide eine Haftstrafe von mindestens 3 Jahren bedeuten. Knifflig kann dies nun werden, da Präsident Rafael Correa am vergangenen Samstag den Ausnahmezustand, aufgrund des aktiven Vulkans “Cotopaxi” verhängt hat. Auf Grund dessen dürfen nun öffentliche Medien bei der Berichterstattungen zensiert werden. Nach Correa um “vor falschen Gerüchten” zu schützen. „In solchen Notfällen wird Panik erzeugt, und das schafft mehr Probleme als Lösungen”, so Correa. Gleichzeitig sei es wichtig alle finanziellen, notwendigen Mittel so schnell wie möglich mobilisieren zu können.
Weiterhin kann ein Sicherheitskabinett Verfassungsrechte und die Versammlungsfreiheit einschränken, so berichtete “Der Tagesspiegel”. Der Ausnahmezustand kann eine Dauer von 60 Tagen betragen. Es stellt sich jedoch die Frage,wieso der Ausnahmezustand über das ganze Land verhängt wurde, selbst über die vom Festland 1000 km entfernten Inseln Galapagos, wenn der aktive Vulkan nur die Región “Pichincha” betrifft.
In einer kurzen Stellungsnahme erzählen beide Journalisten “AWPs”, dass sie nach Beratung mit verschiedenen Anwälten nun in Erwägung ziehen das Land aus Sicherheitsgründen zu verlassen. Hier in Ecuador droht ihnen nach Meinung ihrer Anwälte die Moeglichkeit der Festnahme, ohne gerichtlichen Beschluss oder Gerichtsverfahren. Vor einigen Wochen wurde von einem anonymen Hacker Dokumente dieser Software veröffentlicht , die “WikLeaks” publizierte hatte. Unter anderem ein E-mail Austausch von der Spionagesoftware mit der ecuadorianischen Regierung.
Senain reagierte nach “El comercio” gereizt und versicherte, es sei absolut falsch, dass irgendein Vertrag mit Hacking Team dazu genutzt werde um digitale Medien oder politische “Objekte” zu attackieren”.
Linksradikale Verbrecher an der Macht! Was soll man da anderes erwarten?