Senckenberg-Wissenschaftler haben in einer großangelegten Studie eine Artengruppe der Gattung der Saumfingerechsen Anolis auf der Karibikinsel Hispaniola (Haiti, Dominikanische Republik) untersucht. Dabei konnten sie acht neue Arten der Echsen mit den charakteristischen Kehlfahnen beschreiben – das gab es seit mehr als 100 Jahren nicht mehr. Drei weitere Echsen sind keine Unterarten, sondern eigenständige Arten und ein Reptil wurde fälschlicherweise einer anderen Art zugeordnet. Die Zahl der Anolis-Arten auf Hispaniola erhört sich damit um zwölf Arten. Die Studie wurde kürzlich im Jahresbericht des Museo Nacional de Historia Natural „Novitates Caribaea“ veröffentlicht.
Schaut man in die Baumwipfel auf Haiti, ist es gut möglich, dort eine Saumfingerechse zu entdecken – das Verbreitungsgebiet dieser kleinen bis mittelgroßen Echsen erstreckt sich über die Karibik sowie die angrenzenden Landmassen der südlichen und südöstlichen USA, Mexikos, Mittel- und Südamerikas. „Unsere Arbeitsgruppe erforscht seit gut 20 Jahren die Evolution, Ökologie und Systematik der Anolis“, erzählt Dr. habil. Gunther Köhler, Abteilungsleiter der Terrestrischen Zoologie am Senckenberg Forschungsinstitut in Frankfurt und fährt fort: „Mehr als ein Drittel der heute aus Mittelamerika bekannten 102 Anolis-Arten wurde von uns beschrieben, insgesamt 49 Arten. Mit fast 400 Arten bietet diese Tiergruppe hervorragende Möglichkeiten zum Studium verschiedener Aspekte der Artbildung.“
Nun hat der Frankfurter Reptilien- und Amphibienforscher gemeinsam mit einem US-amerikanischen Kollegen bei einer Überprüfung der auf Haiti und der Dominikanischen Republik lebenden Anolis acht neue Echsenarten entdeckt – so viele neue Arten wurden seit mehr als 100 Jahren nicht mehr in einer Publikation beschrieben. „Zusätzlich zu den acht neuen Arten haben wir nachgewiesen, dass drei Echsen keine Unterarten, sondern echte Arten sind und eine Art fälschlicherweise einer anderen Art zugeordnet wurde“, ergänzt Köhler. Insgesamt erhöhte sich die Artenzahl damit um zwölf Arten. Anhand genetischer und morphologischer Methoden konnten die Wissenschaftler die neuen Arten klar von bereits beschriebenen Arten abgrenzen. „Einige Tiere grenzen sich auch durch unterschiedliche Lebensräume ab“, erläutert Köhler und fügt hinzu: „Die Echse Anolis gonavensis beispielsweise lebt in strandnaher Vegetation, während alle anderen Arten ihrer Artengruppe Waldbewohner der mittleren Höhenlagen sind.“
Um eine Identifizierung der Reptilien in Zukunft zu erleichtern hat das Wissenschaftlerteam einen Erkennungsschlüssel für die verschiedenen Anolis-Vertreter zusammengestellt.
„Der Bestand der Saumfingerechsen-Arten hat in den letzten Jahrzehnten durch Lebensraumverlust – vor allem die Abholzung ist hier zu nennen – bereits stark abgenommen. Um die Reptilien schützen zu können, müssen wir wissen, mit welcher Art wir es zu tun haben“, fasst Köhler zusammen.
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