Hurrikan „Matthew“ ist ein mächtiger Orkan der Kategorie 4 auf der Saffir-Simpson-Hurrikan-Skala. Der Sturm befindet sich nach seinem Vorbeizug an Jamaika süd-südwestlich von Port-au-Prince. Im Nachbarland der Dominikanischen Republik wächst die Angst der Bevölkerung, Haiti liegt wahrscheinlich direkt im Epizentrum von „Matthew“. Ein weiterer Grund für die Besorgnis ist die langsame Zuggeschwindigkeit des Wirbelsturms (rund sieben km/h), die für gewaltige Niederschlagsmengen sorgen dürfte. Lokale Medien und Nutzer sozialer Netzwerke berichten von chaotischen Zuständen in Haiti. Die Behörden haben rund 3.000 Menschen von der Ile-a-Vache, eine tief liegende Insel vor Haiti an der Südwestküste, mit Hubschraubern evakuiert. 30.000 Menschen, die in Risikobereichen leben, sollen noch in Notunterkünfte gebracht werden.
Am schlimmsten ist die Lage in der Hauptstadt Port-au-Prince. Dort befindet sich mit Cité Soleil einer der größten Slums Lateinamerikas, der zudem unter dem Meeresspiegel liegt. Von einer möglichen Sturmflut sind Hunderttausende von Menschen betroffen. „Es ist eine einzige Katastrophe. Cité Soleil wird wie ein großer Trichter voll laufen und wir haben keine Fahrzeuge, um die Menschen zu evakuieren“, zitieren lokale Medien Bürgermeister Jean Hislain Frederic. Er erinnert an Hurrikan Jeanne, der 2004 mindestens 3.000 Menschen in der Stadt Gonaives getötet hat. Dort waren die Bewohner gefangen, in den Nachtstunden war die Lage komplett außer Kontrolle.
Es gibt etwa 500.000 Menschen, die in Cité Soleil leben. „Wir sind nicht in der Lage, die bevorstehende Katastrophe zu handhaben. Eine Menge Menschen wird sterben, es gibt lediglich 15 Schutzräume mit einer Gesamtkapazität für 2.000 Personen“, klagt Frederic. Die meisten Menschen leben in baufälligen und auf Schutt gebauten Hütten. Dies ist allerdings nicht die einzige Sorge. Fast alle Abwasserkanäle sind hoffnungslos mit Müll verstopft, in den frühen Abendstunden des Montag (Ortszeit) drang das Wasser bereits in den Slum ein. „Wir müssen uns auf Gott verlassen, da uns die Regierung nicht hilft“, klagt Edgar Celestin, Beamter im Amt für Bevölkerungsschutz.
Update, 4. Oktober
Über weite Teile des Landes fegt Hurrikan „Matthew“. Die Schäden an der Infrastruktur sind groß, Hunderte Hütten wurden zerstört und eine große Menge an Vieh getötet. Gewaltige Schäden gibt es in den Plantagen, zahlreiche Stadtteile in der Hauptstadt Port-au-Prince stehen unter Wasser. Mehr als 9.000 Menschen mussten aus ihren Behausungen flüchten, zahlreiche Personen werden vermisst. Meldungen lokaler Medien über mehrere Todesopfer wurden bisher offiziell nicht bestätigt.
Das die Cité Soleil in einem tiefliegenden Trichter liegt, unterhalb des Meeresspiegels, der bei starkem regen und Hochwasser voll läuft, weiss man seit wann? Seit gestern etwa? Oder ist dieser Trichter erst letzte Nacht entstanden, als Laune des Schicksals?