Wildpferde: Überlebt dank Farbanpassung

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Wildpferde leben heute nur noch in der Mongolei sowie in China (Foto: Arne Ludwig/Leibniz-IZW)
Datum: 31. Oktober 2017
Uhrzeit: 10:52 Uhr
Leserecho: 1 Kommentar
Autor: Redaktion
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Rund 90 Prozent aller Großsäugetierarten über 100 Kilogramm Körpergewicht überstanden die letzte Eiszeit nicht. Doch während Mammut, Riesenhirsch und auch deutlich kleine Säuger ausstarben, wie Fossilienfunde belegen, überlebten erstaunlicherweise die Pferde. Wie schafften sie das? Darüber rätselten Forscher schon länger. Offenbar, weil es ihnen gelang sich an die zunehmende Bewaldung anzupassen, wie Arne Ludwig und seine Kollegen vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) nun zeigen konnten.

Für ihre aktuelle Studie analysierten die Biologen die DNA von 28 Wildpferdeknochen aus verschiedenen Ausgrabungen in Eurasien. Die Proben kommen aus Spanien, Deutschland, Polen, Rumänien, der Ukraine und Russland und stammen – laut Radiokarbondatierung – aus dem Zeitraum vom Ende der Eiszeit (vor circa 12.000 Jahren) bis zu Christi Geburt. Für die Grundfarben des Fells von Säugetieren – Braun, Schwarz und Rot – sind hauptsächlich zwei Gene verantwortlich. „Wir haben uns insgesamt acht Gene angesehen, um auch Scheckungen und Aufhellungen mit erfassen zu können“, erklärt Ludwig. Anhand der Mutationen der entsprechenden Gene schlossen die Forscher auf die ursprüngliche Fellfarbe der Tiere zurück.

Anschließend sahen sie sich Pollendaten aus den jeweiligen Epochen und Regionen an, die in der Europäischen Pollendatenbank lagern und Hinweise auf die damals wachsenden Pflanzen liefern. Dies bestätigte ihre These: Mit zunehmender Bewaldung in West- und Zentraleuropa entwickelten sich hier immer mehr schwarze Wildpferde (Rappen), während in den Steppenregionen Asiens weithin braune bis hellbraune Tiere überwogen. Anhand des zunehmenden Bewuchses mit Nadelhölzern wie etwa der Kiefer lässt sich dieser Zusammenhang sogar an einzelnen Pflanzenarten nachvollziehen. „Wir hatten dieses Ergebnis zwar erwartet, waren jedoch über den engen Zusammenhang überrascht“, sagt Arne Ludwig. Die mexikanischen Kollegen von der Nationalen Autonomen Universität von Mexiko bestätigten die Befunde. Anhand von Habitat-Modellierungen und Berechnungen des Selektionsdrucks konnten sie nachweisen, dass die Zunahme schwarzer Pferde nicht zufällig war, sondern durch die Veränderung der Vegetation stark begünstigt wurde.

Biologisch leuchtet die Fellfarbanpassung der Pferde ein, denn dunkle Tiere waren im Wald besser getarnt und entgingen so leichter den Beutegreifern wie Wölfen, Bären und Menschen. In offenen Steppenlandschaften war es umgekehrt: hier hoben sich hellere Pferde weniger von der Umgebung ab.

Arne Ludwig beschäftigt sich bereits seit 12 Jahren mit den Fellfarben von Pferden, denn Archäologen fragten damals nach Markern, um frühe domestizierte Pferde von Wildpferden unterscheiden zu können. Dafür boten sich Gene, die für die Fellfarbe verantwortlich sind, an, „weil Fellfarben bei Tieren gut sichtbar sind, schon immer das Interesse der Leute geweckt haben und innerhalb weniger Generationen selektiert werden können“, sagt Ludwig. Während es bei Hauspferden viele Farbvariationen gibt – von schwarzen Rappen über Braune und hellbraune Füchse bis hin zu weißen Pferden sowie diverse Aufhellungen und Scheckungen – sind die heutigen Wildpferde meist Braunfalben.

Schon vor einiger Zeit stellten die Leibniz-IZW-Forscher fest, dass dunkle Fellfarben nach der letzten Eiszeit und zu Beginn der Domestizierung von Pferden in Europa zunahmen und fragten sich, was der Anlass dafür war. „So entstand die Idee, unsere Befunde mit Klima- und Pollendaten zu verlinken, um etwas über die Änderungen der Lebensräume der Pferde zu erfahren“, erklärt Ludwig. Die Vegetation in Eurasien entwickelte sich sehr unterschiedlich: Während sich Wälder in Zentraleuropa bis zum Ural zunehmend durchsetzten, blieben in Asien weite Steppengebiete bestehen.

Wildpferde leben heute nur noch in der Mongolei sowie in China – insgesamt sind es nicht mehr als etwa 3.000 Tiere. Diese nach ihrem Entdecker benannten Przewalski-Pferde stammen allesamt aus Zuchtprogrammen und wurden erst in den letzten Jahren von zoologischen Gärten ausgewildert. 1901 hatte der Tierhändler und Zoobesitzer Carl Hagenbeck 28 Przewalski-Pferde in der Mongolei erworben, sie nach Hamburg bringen lassen und dann an verschiedene Zoologische Gärten weiterverkauft. „Aus diesem kleinen Bestand stammen alle heutigen Populationen“, betont Ludwig.

Die Anpassung nach der Eiszeit gelang Pferden leider nicht überall: Während sie in Eurasien überlebten, verschwanden sie in Nordamerika vollständig. Echte Przewalskipferde haben übrigens heute sandfarbenes bis mittelbraunes Fell – also perfekte Tarnfarben für ihr Leben in der mongolischen Steppe.

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  1. 1
    Norbert Stumpf

    Hallo, ich glaube bei Pferden spielen auch andere Fakten eine Rolle, zum Beispiel die grandiose Konstruktion der Hufe (Füße) bis minus 50° Celsius; nicht zu vergessen die soziale Verbundenheit in der Herde – auch gibt es in Prypiat bei Tschernobyl auch wieder Wildpferde

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