Ein für einen Staat eher ungewöhnliches Phänomen ließ sich zuletzt in Südamerika beobachten. Der Krisenstaat Venezuela machte auf sich aufmerksam, indem er eine staatseigene Kryptowährung einführte. Diese soll die Liquidität in der Krisenzeit erhöhen, sodass sowohl Finanz- als auch Wirtschaftssektor mit zusätzlichen Reserven wirtschaften können.
100 Millionen Petro als schnelle Zwischenlösung
Kryptowährungen bestehen seit 2009, als erstmals Bitcoin auf den Markt gelangte. Lange Zeit waren sie nur absoluten Insidern ein Begriff, ehe 2017 der große Hype begann. Der Kurs machte sich auf in vormals unerreichte Höhen und erlangte damit unweigerlich eine Bedeutung, die von Experten sowie der Finanzindustrie nicht mehr zu ignorieren war. Nun brachte mit Venezuela eine Nation selbst eine Kryptowährung auf den Markt, die unter dem Namen Petro erhältlich sind. 100 Millionen Einheiten wurden unter der venezolanischen Regierung in einem ersten Durchgang produziert, die zu Beginn einem Wert von 5,7 Milliarden US-Dollar entsprechen. Präsident Nicolas Maduro verspricht sich vom Petro einen ersten „Vorschlag für die Stabilität und das finanzielle Wachstum“ des Landes.
Stützen tut sich das Kryptogeld vor allem auf die Erdölvorräte, die Venezuela nach wie vor in ausreichender Größe zur Verfügung hat. Sie bleiben derzeit das Faustpfand der lateinamerikanischen Nation. Der Vorverkauf der Währung begann Ende Februar. Damals konnten sich erste Unternehmen für die Ausgabe des Petro registrieren. Hauptsächlich waren dies allerdings staatliche Unternehmen, die sich einem Bieterverfahren um den Preis ausgesetzt sahen. Einfacher ist der Erhalt herkömmlicher Kryptowährungen da schon für alle anderen Bürger in vielen Ländern der Welt. Wie das bitcoinMag analysiert, lässt sich beispielsweise Ethereum unkompliziert auf verschiedenen Plattformen kaufen. Dies ist dabei nicht nur staatlichen Firmen vorbehalten, sondern ist selbst einfach mit einem Paypal-Konto machbar. Der Erfolg Venezuelas mit seiner Idee ist deshalb noch nicht ganz abzusehen, vor allem auf lange Sicht.
Was sind die Hauptziele Venezuelas?
Zwei Ziele stehen im Fokus der venezolanischen Regierung, die sich zuletzt in immer größeren Problemen sah. Kann der Petro diese lösen oder zumindest verbessern? Einerseits fügt bekanntlich die Inflation dem Staat großen Schaden zu. Diese stieg zuletzt immer weiter an und soll mit dem Petro gekontert werden. Andererseits fordern Deals mit Geschäftspartnern im Ausland zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten. Hier soll das Kryptogeld demnach ebenso Einsatz finden. Die direkte Nutzung durch einen Staat widerspricht eigentlich der Grundidee des Kryptogeldes, das Banken wie Regierungen im Zahlungsverkehr grundsätzlich ausschließen wollte. Erst im März wurden die „normalen“ Bürger als Käufer akzeptiert, die 44 Millionen Einheiten zur Verfügung gestellt bekamen, während Unternehmen zuvor Zugriff auf 38,2 Millionen Einheiten hatten.
Es ist mit Sicherheit spannend, das ausgerechnet Lateinamerika als erste Bühne für ein solches Modell fungiert. Somit wird ausgerechnet Venezuela zum Anschauungsunterricht für die Welt, ob sich die ambitionierten Ziele mit dem digitalen Geld tatsächlich umsetzen lassen. Das Interesse in Südamerika war im Hinblick auf das Thema zuvor nicht in dieser Form gegeben, da eher wenige Menschen die Mittel dazu haben, Investitionen in anfangs noch sehr spekulative Produkte vorzunehmen. Andere Staaten wie Chile nehmen laut Experten eher eine abwartende Rolle ein und lassen sich vom Trend nicht unter Druck setzen, da keine Not wie in Venezuela besteht.
Der Petro wird vom U.S. Finanzministerium als illegales Kreditinstrument der venezolanischen Regierung eingestuft. Erwerb und Verbreitung des Petro gelten damit nach U.S. Recht als kapitale Straftaten.