„bauhaus imaginista: Ausstellung in São Paulo eröffnet

bauhaus

SESC Pompéia in São Paulo (Foto: Goethe-Institut /MarcoAntonio)
Datum: 25. Oktober 2018
Uhrzeit: 12:55 Uhr
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Autor: Redaktion
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Die Ausstellungs- und Veranstaltungsreihe bauhaus imaginista setzt sein internationales Programm 2018/2019 ab heute, 25. Oktober 2018, bis 6. Januar 2019 mit der Ausstellung Learning From am SESC Pompeia in São Paulo fort. Die Ausstellung hebt hervor, welche Einflüsse vom Bauhaus ausgingen und wie das Bauhaus im Kontext geopolitischer Veränderungen des 20. Jahrhunderts international rezipiert wurde. Sie untersucht die Prozesse kultureller Aneignung und ethische Dimensionen im Werk von Bauhaus-Emigrant*innen, ihrer Schüler*innen und anderer Protagonist*innen der brasilianischen Moderne, die sich für Volkskunst und vormoderne Handwerkstechniken interessierten. Ein öffentliches Symposium am heutigen 25. Oktober 2018 im Goethe-Institut São Paulo begleitet die Ausstellung.

bauhaus imaginista: Learning From im SESC Pompeia in São Paulo untersucht die Rolle kultureller Aneignungsprozesse zur Zeit des historischen Bauhauses und nach seiner Auflösung. Der Fokus liegt auf drei Narrativen der internationalen Bauhaus-Rezeption. Ausgangspunkt der Ausstellung ist Paul Klees Zeichnung „Teppich” aus dem Jahr 1927. Die kleinformatige Tuschezeichnung nimmt auf vormoderne, maghrebinische Teppichmuster Bezug und verdeutlicht Klees anhaltendes Interesse an nichtwestlichen Bildkulturen – ein Interesse, das in allen Bauhaus-Werkstätten vorhanden war und sich auch in zahlreichen Bildbänden über „Weltkulturen” in der originalen Bibliothek des Weimarer Bauhaus manifestiert.

Seit Mitte der 1930er Jahre bereisten emigrierte Bauhäusler*innen wie Josef und Anni Albers oder Marguerite Wildenhain den amerikanischen Kontinent und dokumentierten und sammelten auf ihren Recherchereisen Objekte präkolumbischer und zeitgenössischer indigener Kulturen. Anni Albers und ihre Student*innen am Black Mountain College – viele von ihnen zählten zu der jungen Fiber Art Bewegung – ließen sich etwa von der technischen Brillanz peruanischer Stoffe inspirieren und auch davon, welchen hohen sozialen Stellenwert die Weberei in der Inka-Kultur einnahm. Das Interesse der ehemaligen Bauhaus-Protagonist*innen an Handwerkstechniken und architektonischen Typologien der Vormoderne zeigt sich auch in den Fotografien, die Hannes Meyer und Lena Bergner während ihrer Zeit im mexikanischen Exil anfertigten. In der Verwebung präkolumbischer Ausdrucksformen mit revolutionären sozialistischen Ideen enthält diese fotografische Dokumentation zudem eine politische Dimension.

Auch in Marokko wurde diese Rückkehr zu Vormoderne und Handwerk nach der wiedererlangten Unabhängigkeit politisiert. Dort führte die Ablehnung des französischen Beaux-Arts-Stils durch marokkanische Künstler*innen in den frühen 1960er Jahren zu einer Neubewertung lokaler, nordafrikanischer Handwerkspraktiken wie der Schmuck-, Teppich- und Keramikherstellung oder der Wandmalerei, und damit auch zur Entwicklung postkolonialer Formen von zeitgenössischer Kunst und Design. Das Studium lokaler vormoderner Handwerkspraktiken, von Architektur, Design und Malerei fand mit Elementen der Bauaus-Pädagogik schließlich durch eine Gruppe junger Künstler aus dem Lehrkörper – unter ihnen der Maler und Grafikdesigner Mohamed Melehi – Eingang in den Lehrplan der Casablanca School.

In Brasilien beanspruchte das von der Architektin Lina Bo Bardi und von Pietro Pietro Maria Bardi vom Museu de Arte São Paulo (MASP) neu gegründete Instituto de Arte Contemporânea (IAC) Parallelen zum Bauhaus-Lehrplan. Doch auch hier regte sich Widerstand gegen die Dominanz der europäischen Moderne. Bo Bardi studierte die afrobrasilianische und indigene Kulturproduktion, um dadurch eine spezifisch brasilianische Ästhetik zu formulieren – ein Versuch, der Aufwind erhielt, als sie die Leitung des Museo de Arte Moderna in Bahia übernahm und dort eine Akademie nach dem Vorbild des IAC mitaufbaute. Diese Entwicklungen spiegeln das neu erwachte Interesse der Nachkriegszeit an kultureller Aneignung wider, als man begann, sich den Kulturen marginalisierter Gruppen zuzuwenden.

Die Ausstellung im SESC Pompeia in São Paulo vereint diese grundverschiedenen Geschichten anhand einer Reihe von Kunstwerken, Objekten, Filmen und dokumentarischem Material sowie neuen Auftragsarbeiten. Das Begleitprogramm wurde mit einem speziellen Fokus darauf entwickelt, diese durch Aneignung und extensive Entlehnung durch westliche Künstler*innen geprägten Geschichten in Verbindung zu bringen und zu hinterfragen. Denn sie erfolgte losgelöst vom ursprünglichen Kontext der Objekte und geschah zu einem Zeitpunkt, als diese indigenen und Mestizo-Kulturen – wie zum Beispiel brasilianische indigene Kulturen – Opfer administrativer und ökonomischer Modernisierung und neokolonialer Aggression wurden.

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