Der wirtschaftliche Aufschwung Lateinamerikas im vorangegangenen Jahrzehnt hat gewaltige Investitionen in die Infrastruktur der Region erforderlich gemacht. Städte wie Caracas (Venezuela) und Lima (Peru) haben ihre Metro-Linien erweitert, in Argentinien verbindet ein neues Zugsystem benachbarte Städte mit der Hauptstadt Buenos Aires. Brasilien hat jahrelang Fußballarenen und verschiedene Sportanlagen aus dem Boden gestampft, um die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und die Olympischen Sommerspiele 2016 auszurichten. Selbst das kommunistische Kuba baute in Mariel einen modernen neuen Hafen. Es war ein hoffnungsvolles Zeichen für wirtschaftlichen Fortschritt. Als jedoch der wirtschaftliche Glanz der Region in den folgenden Jahren nachließ, zeigte sich eine hässliche Seite des Fortschritts. Alle diese Investitionen – und viele andere mehr – hatten einen gemeinsamen Hintergrund: die Involvierung des in Ungnade gefallenen brasilianischen Bauriesen Odebrecht. Die familiengeführte „Organização Odebrecht“ hatte zahlreiche Behörden und hohe Regierungsvertreter in ganz Lateinamerika bestochen, um Ausschreibungen zu „gewinnen“ und lukrative Aufträge zu erhalten. Die Nachricht vom Selbstmord des ehemaligen peruanischen Präsidenten Alan García (1985 bis 1990 und erneut von 2006 bis 2011) am Mittwoch (17.) zeigt, dass einer der größten Korruptionsskandale weltweit nicht in Vergessenheit geraten wird.
Dem 69-Jährigen wird/wurde Korruption vorgeworfen, ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Es geht um Bestechung bei einem Zugbauprojekt, in das der brasilianische Konzern Odebrecht verwickelt war. Ein Untersuchungsrichter hatte García ein 18-monatiges Ausreiseverbot auferlegt, ein Antrag auf Asyl in der Botschaft Uruguays war ihm im November 2018 verweigert worden. Am 17. April 2019 sollte Garcia verhaftet werden und schoss sich kurz nach Eintreffen der Polizei mit einer Pistole in den Kopf. Er wurde mit lebensgefährlichen Verletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert und verstarb wenige Stunden später an den Folgen der Schussverletzung.
Es ist schwer, ein anderes Unternehmen in Lateinamerika – oder sogar in der Welt – zu finden, das so viele politische Verbindungen auf hoher Ebene in so vielen Ländern über einen so langen Zeitraum hatte. Odebrecht wurde im Nordosten Brasiliens in den 1940er Jahren gegründet und war eine Zeitlang eines der wettbewerbsfähigsten Bauunternehmen Brasiliens, das Aufträge nicht nur in Lateinamerika, sondern auch im Nahen Osten und in Afrika erhielt. Der Konzern wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und wurde zu einem der besten Unternehmen in Brasilien gewählt. Zahlreiche Ermittlungen ergaben allerdings auch, dass Odebrecht die Korruption von Unternehmen auf ein völlig neues Niveau gehoben hat. 2006 wurde eine „Abteilung für strukturierte Operationen“ geschaffen, die sich ausschließlich dem Umgang mit illegalen Zahlungen an Beamte widmete. Die Techniker von Odebrecht hatten sogar eine spezielle Software entwickelt, mit der Bestechungszahlungen reibungsloser „verschleiert“ wurden.
Selbst vier Jahre nach den ersten Enthüllungen sorgt der Odebrecht-Skandal immer noch für neue Offenbarungen. In Peru hat der Konzern von 2005 bis 2014 fast 30 Millionen US-Dollar an Bestechungsgeldern gezahlt. Vier ehemalige Präsidenten und der Oppositionsführer sind alle in Skandale verwickelt. Die kriminelle Praxis hat praktisch die gesamte politische Elite des Landes diskreditiert, da alle großen Parteien und Akteure beteiligt waren. Odebrecht lehnte es ab, die Nachrichten vom Selbstmord García´s zu kommentieren. Trotz Schweigens wird der Name Odebrecht allerdings noch für Monate Schlagzeilen machen.
Sr. Alan Garcia ist kein Opfer!
Er ist ein Täter, welcher offenbar zu feige war, sich seiner Verantwortung, als Täter zu stellen, oder?
Was habe ich da ggfs. falsch verstanden?
noesfacil