UN-Menschenrechtsausschuss macht Paraguay für Einsatz verbotener Pestizide verantwortlich

soja

Trends in der Landwirtschaft bedrohen Ernährungssicherheit (Foto: Ministerio)
Datum: 28. August 2019
Uhrzeit: 16:04 Uhr
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Autor: Redaktion
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Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen gibt dem paraguayischen Staat die Schuld an schweren Pestizidvergiftungen durch den Einsatz verbotener Agrochemikalien in Sojaplantagen. Es handelt sich um die erste derartige Entscheidung des Ausschusses. Das UN-Gremium fordert Paraguay auf, die Verantwortlichen strafrechtlich zu verfolgen, die Opfer vollständig zu entschädigen und den Beschluss des Ausschusses in einer Tageszeitung mit hoher Auflage zu veröffentlichen. Zudem muss Paraguay innerhalb von 180 Tagen eine Untersuchung des Pestizid-Einsatzes im Land mitsamt der dadurch verursachten Kontamination von Wasser, Böden und Lebensmitteln sowie der Vergiftung von Menschen einleiten.

Jährlich kommen in Paraguay rund 60 Millionen Liter Agrochemikalien zum Einsatz. Im vorliegenden Fall verwendeten die Unternehmen Cóndor Agrícola S.A. und Hermanos Galhera Agrovalle del Sol S.A. laut dem UN-Bericht mindestens zwei in Paraguay verbotene Produkte, Aldrin und Lindan. Paraguay ist weltweit der viertgrößte Exporteur von – überwiegend genmanipuliertem – Soja. Besonders an der Grenze zu Brasilien und im östlichen Teil des Landes expandiert der Sektor stark. Immer wieder kommt es hierdurch zu Vertreibungen, Wald-Rodungen und Vergiftungen.

Die Geschädigten leben am Kuairú-Fluss im Verwaltungsbezirk Canindeyú. Die brasilianische Firma Cóndor Agrícola S.A. hatte dort 2005 eine Sojaplantage angelegt, in der Traktoren und Kleinflugzeuge massiv Agrochemikalien sprühten. Einer der Betroffenen, Rubén Portillo, war 2011 im Alter von 26 Jahren an einer Vergiftung verstorben. Portillos Hinterbliebene sowie weitere Geschädigte hatten mit Unterstützung von FIAN Paraguay, der Organisation Base Investigaciones Sociales sowie der Koordinierungsstelle für Menschenrechte (Codehupy) zunächst eine Verfassungsbeschwerde gegen vier paraguayische Ministerien und Behörden eingereicht. Das Verfassungsgericht urteilte, dass „der Staat seiner Verpflichtung zum Schutz der verfassungsmäßigen Rechte auf Gesundheit, Unversehrtheit und ein gesundes und ökologisches Umfeld nicht nachgekommen ist“. Da Paraguay dem illegalen Pestizid-Einsatz weiterhin kein Ende bereitete, reichten die Betroffenen Beschwerde beim UN-Menschenrechtsausschuss ein. FIAN Paraguay und weitere Unterstützer begleiteten den Fall durch Öffentlichkeitsarbeit.

Der Ausschuss kommt nun zu dem Ergebnis, dass die Plantagenbetreiber „systematisch die nationalen Umweltvorschriften missachteten“. Paraguay habe keine angemessenen Kontrollen illegaler Aktivitäten vorgenommen, obwohl der hohe Pestizideinsatz eine vorhersehbare Bedrohung für das Leben der Opfer darstellte. Daher erklärt der Ausschuss eine Verletzung des Rechts auf Leben und des Rechts auf Privatleben, Familie und ein Zuhause. Ein Wiederholungsfall müsse ausgeschlossen werden.

„Dies ist ein historisches Urteil für die Anerkennung von Menschenrechten in Zusammenhang mit Umweltschäden, die vom Agrobusiness verursacht werden. (…) Hunderte ähnlicher Fälle auf der ganzen Welt könnten uns zur Prüfung vorgelegt werden“, so Hélène Tigroudja, Mitglied des Menschenrechtsausschusses. Das in Genf ansässige UN-Komitee setzt sich aus 18 internationalen Menschenrechts-Experten zusammen. Paraguay hat 1995 das Zusatzprotokoll zum UN Zivilpakt unterzeichnet, in dessen Rahmen die Beschwerde eingereicht wurde.

Die Geschädigten leben etwa 120 Kilometer von der brasilianischen Grenze entfernt. Noch in den 90er Jahren galt die Region als Naturparadies. „Zuerst starben die Hühner, wir wissen nicht, warum. Die Schweine wurden krank, und einige Zeit später starb mein Bruder“, so Rubén Portillos Schwester Norma, die den Fall eingereicht hatte. Rubén’s Körper war voller Wunden, ebenso wie der seines Sohnes. Auf dem Weg zum vier Stunden entfernt liegenden Krankenhaus war er den Vergiftungen erlegen.

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