Ärzte ohne Grenzen hat in Port-au-Prince ein neues Unfallkrankenhaus eröffnet. Mit diesem Krankenhaus für Menschen mit lebensbedrohlichen Verletzungen in der Hauptstadt von Haiti reagiert die Nothilfeorganisation auf die sich verschärfende Gesundheitskrise. Die politische und wirtschaftliche Krise in dem Land behindert sämtliche Bereiche der medizinischen Versorgung. Das Krankenhaus wurde am 27. November im Stadtteil Tabarre in Port-au-Prince eröffnet. In den ersten fünf Tagen wurden 21 Menschen aufgenommen. Etwa die Hälfte waren Gewaltopfer. Zurzeit arbeiten dort 170 medizinische Mitarbeiter, darunter acht Chirurgen. Bei der Eröffnung hatte das Krankenhaus 25 Betten, diese Zahl soll nun auf 50 erhöht werden. „Die Eröffnung des Krankenhauses war ein dringend notwendiger Schritt. Aber das alleine wird nicht ausreichen“, sagt Jane Coyne, Landeskoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen in Haiti. „Krankenhäuser kämpfen gegen die drohende Schließung.“
Die zunehmenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten und politischen Spannungen in Haiti erschweren es medizinischen Einrichtungen, Patienten zu versorgen. Das gilt auch für die Einrichtungen von Ärzte ohne Grenzen. Seit September gibt es regelmäßig Straßenblockaden mit brennenden Reifen, Kabeln und über Nacht errichteten Mauern. Das erschwert die Durchfahrt von Krankenwagen und die Versorgung medizinischer Einrichtungen mit Treibstoff, Sauerstoff, Blut, Medikamenten und anderen Hilfsgütern.
Auch das Gesundheitspersonal ist von der allgemeinen Unsicherheit betroffen. In den vergangenen Monaten war der Rettungsdienst wiederholt in Unfälle verwickelt und konnte auf medizinische Notfälle nur eingeschränkt reagieren. Ärzte ohne Grenzen musste hunderte Mitarbeiter täglich zur Arbeit fahren, um die Versorgung in den Gesundheitseinrichtungen aufrechtzuerhalten. „Dank des guten Rufs von Ärzte ohne Grenzen werden unsere Fahrzeuge respektiert und können die Barrikaden passieren“, sagt Ella Lambe, Projektkoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen in der Stadt Port-à-Piment. „Allerdings wurden einige Gesundheitszentren geplündert und unsere Autos wurden von Steinen getroffen.“
In ländlichen Gebieten im Westen Haitis, wie Port-à-Piment, sind die großen Probleme des haitianischen Gesundheitssystems sehr deutlich zu erkennen. Ein lokales Gesundheitszentrum, in dem Ärzte ohne Grenzen seit langem medizinische Versorgung für Mütter anbietet, hat Schwierigkeiten, Patientinnen an Krankenhäuser zu überweisen. „Zuvor konnten wir Patientinnen für Kaiserschnitte oder dringende Behandlungen binnen einer Stunde überweisen“, sagt Lambe. „Jetzt dauert es drei bis fünf Stunden.“
Ärzte ohne Grenzen leistet seit dem Jahr 1991 in Haiti medizinische Hilfe. Heute arbeiten Teams in Port-au-Prince und im Südwesten Haitis. Die Organisation unterstützt mehrere öffentliche Krankenhäuser, arbeitet mit dem haitianischen Gesundheitsministerium zusammen und hat Teile der Notaufnahme im staatlichen Universitätskrankenhaus wiederhergestellt. Ärzte ohne Grenzen hat zudem Gesundheitspersonal geschult und Medikamente und wichtige medizinische Ausrüstung, wie Geräte zur Sauerstoffversorgung, zur Verfügung gestellt.
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