Leben am Limit: Verwandte der Silberfischchen in der trockensten Wüste der Welt entdeckt

atacama

María Elena Sur ist der trockenste Ort der Welt (Foto: Armando Azua-Bustos)
Datum: 24. März 2020
Uhrzeit: 21:26 Uhr
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Autor: Redaktion
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m Kerngebiet der chilenischen Atacama-Wüste, einer der trockensten Regionen der Welt, haben Forscher der Universität zu Köln Leben entdeckt. In diesem Gebiet mit einem Mars-ähnlichen Erscheinungsbild spürten Professor Dr. Reinhard Predel und sein Kollege Dr. Alvaro Zúñiga-Reinoso Insekten aus der Verwandtschaft der Silberfischchen, sogenannte Maindronia, auf. Der spektakuläre Fund dieser bis zu 7 Zentimeter großen und äußerst agilen Tiere wurde im Rahmen des Sonderforschungsbereichs „Earth – Evolution at the Dry Limit“ gemacht, bei dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die langfristige Evolution von Landschaften bei extremer Trockenheit untersuchen. Die Studie wurde im Fachjournal „Global and Planetary Change“ veröffentlicht.

Wüsten gelten allgemein als lebensfeindliche Regionen. „Ganz so schlimm ist es aber meist nicht“, meint Reinhard Predel. „Die Mehrzahl der Wüsten beherbergt eine hochspezialisierte Fauna, und manche Wüsten sind sogar ziemlich artenreich.“ Kritisch wird es dort, wo überhaupt keine Pflanzen mehr vorkommen und der Wind auch keine Pflanzenreste aus benachbarten Gebieten hereinweht. Dies ist in den Kerngebieten der Atacama der Fall. Dann verschwinden auch die am besten angepassten Wüstenspezialisten und das Nahrungsnetz kollabiert. „Wir haben die Tiere daher eher unerwartet und zufällig entdeckt“, sagt Predel.

Weltweit wurden bislang überhaupt erst drei Arten der Maindronia beschrieben. Man hatte sie immer dort gefunden, wo Wüsten direkt ans Wasser reichen und sie dann als eher feuchtigkeitsliebend eingeordnet. „Offensichtlich ist keiner auf die Idee gekommen, tiefer in die Wüste zu laufen und dort zu suchen. Nachdem wir die ersten Tiere in der Atacama entdeckt hatten, gab es allerdings kein Halten mehr. Es sind scheinbar die Wüstentiere schlechthin“, sagt Reinhard Predel.

Nach der Entdeckung und näheren Untersuchungen steht fest, dass in den Kerngebieten der Atacama mindestens 5 Arten Maindronia leben. Ihre Anpassung an solche Extremstandorte reicht offensichtlich sehr weit zurück, die Arten aus der Atacama sind bereits bekannten Arten aus arabischen Gebieten auch äußerlich sehr ähnlich. Das legt nahe, dass die Tiere vor Jahrmillionen auf dem südlichen Großkontinent Gondwana schon genauso gelebt haben wie heute. Im Umkehrschluss könnte das bedeuten, dass in Südamerika und im nordafrikanisch-arabischen Gebiet seit mehr als 100 Millionen Jahren immer irgendwo extrem trockene, so genannte hyperaride Lebensräume vorhanden waren, die Maindronia das Überleben gesichert haben. „Solche lebenden Fossilien verraten uns also auch etwas über die Entwicklung unserer Erde“, erklärt Predel.

Welche physiologischen Anpassungen an diese Extremstandorte Maindronia besitzt, ist noch völlig unklar. Warum sind sie so extrem agil? Sie besitzen eine Sensorik, die an Höhlentiere erinnert. Wozu dient sie? Und was fressen die Tiere eigentlich? Erste Vermutungen deuten darauf hin, dass die Tiere möglicherweise einen mit bloßem Auge unsichtbaren Biofilm aus Mikroorganismen ernten. Diesen Fragen werden die Forscher in Zukunft genauer nachgehen.

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