Vertreibungen, Diskriminierung, Landraub, Brandrodung und nun auch noch die Corona-Pandemie: Die Situation vieler indigener Völker in Brasilien ist dramatisch. Anlässlich des Internationalen Tages der indigenen Völker am 09. August kritisiert MISEREOR die Missachtung ihrer Menschenrechte von Seiten der brasilianischen Regierung scharf. Die Lage der Indigenen in dem südamerikanischen Land war schon lange schwierig, durch die Corona-Pandemie habe sich die Lage nun jedoch noch einmal deutlich zugespitzt, macht MISEREOR-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon deutlich: „Die Berichte unserer Partner sind besorgniserregend. Die indigenen Menschen in Amazonien haben mit vielen parallelen Bedrohungen zu kämpfen, einigen Völkern droht die Auslöschung. Die Hälfte der indigenen Völker Brasiliens ist bereits von Corona-Infektionen betroffen. Die Indigenen sind die Hüter und Bewahrer Amazoniens, mit ihnen stirbt auch der Regenwald.“
Bereits vor der Corona-Pandemie hatte sich die Lage der über 300 indigenen Völker in Brasilien verschärft: Vertreibungen, Landraub und Brandrodungen nahmen massiv zu, die Entwaldungsrate stieg unter Präsident Jair Bolsonaro eklatant an. So wurden laut der brasilianischen Weltraumbehörde INPE von August 2019 bis Juli 2020 rund 8.754 Quadratkilometer im brasilianischen Amazonas-Gebiet gerodet. Diese Fläche entspricht fast der Fläche Zyperns und ist knapp 25 Prozent größer als im Vorjahreszeitraum. „Indigene Völker haben einen ganz besonderen Bezug zu ihrem Territorium. Ihr Land ist ihre Identität, es ist ihre Heimat. Diese zu verlieren bedeutet nicht nur ein traumatisches Erlebnis, sondern vielmehr auch den Verlust ihrer Kultur und die Vernichtung ihrer Kultstätten“, meint dazu Regina Reinart, Brasilien-Referentin bei MISEREOR. Auch ginge mit der Vertreibung die Zerstörung einer Biodiversität einher, die oftmals unwiederbringlich ist.
„Ohne die Arbeit unserer Partner gäbe es einige indigene Völker nicht mehr“
Von der Corona-Pandemie sind die indigenen Völker nun besonders betroffen: „Während von 100.000 Brasilianerinnen und Brasilianern 900 an bzw. mit COVID-19 sterben, sind es statistisch gesehen bei den Indigenen 1.500. Dafür trägt auch die brasilianische Regierung eine Mitverantwortung: Bolsonaro lehnte ein Gesetz ab, das die Regierung dazu verpflichten würde, indigenen Völkern und traditionellen Gemeinschaften mehr Krankenhausbetten, Beatmungsgeräte und Sauerstoffgeräte zur Verfügung zu stellen“, so Reinart. Auch gegen ein Gesetz, wonach die Regierung Trinkwasser, Hygiene- und Reinigungsmittel, Interneteinrichtungen und Lebensmittelkörbe, Saatgut und landwirtschaftliche Werkzeuge bereitstellen müsste, legte er sein Veto ein. „Einige Völker kämpfen nun ums Überleben“, berichtet die Brasilien-Referentin.
Begleitet werden sie in diesem Kampf schon seit vielen Jahren und auch in dieser schwierigen Zeit von MISEREOR-Partnerorganisationen wie der Operação Amazônia Nativa (OPAN) oder Fachstelle für Indigene der Brasilianischen Bischofskonferenz (CIMI).Die Organisationen stünden unermüdlich an ihrer Seite, setzten sich lokal, regional, national und sogar international gegen anti-indigene Gesetzeserlasse ein, erzählt Regina Reinart: „Ohne Partner wie OPAN oder CIMI gäbe es einige indigene Völker nicht mehr.“ Zum Tag der indigenen Völker fordert MISEREOR auch in Deutschland Solidarität mit den Indigenen: „Unser billiges Fleisch oder unsere Gartenmöbel aus Teakholz werden auch auf Kosten der indigener Völker produziert, darüber müssen wir uns klar werden. Daher ist ein deutsches Lieferkettengesetz ein ganz wichtiger Schritt, der für Verbraucher mehr Klarheit schafft und deutsche Unternehmen zu globaler Verantwortung verpflichtet“, meint MISEREOR-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon.
Pressemitteilung
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