Fünfzig Jahre Haft für Mörder der Journalistin Miroslava Breach

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Die politischen Verbindungen der mexikanischen Medienbesitzer sind selten auf den ersten Blick ersichtlich (Foto: Screenshot YouTube)
Datum: 22. August 2020
Uhrzeit: 13:08 Uhr
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Autor: Redaktion
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Reporter ohne Grenzen (RSF) begrüßt das Urteil gegen den Mörder der mexikanischen Journalistin Miroslav Breach. Ein Bundesrichter in Chihuahua entschied am Freitagabend, dass er für 50 Jahre ins Gefängnis muss. Breach war am 23. März 2017 in Chihuahua in ihrem Auto erschossen worden. Sie hatte sich auch überregional als Korrespondentin der Tageszeitung La Jornada einen Namen gemacht, weil sie unerschrocken über Themen wie Korruption und Drogenhandel berichtete. Auch von zahlreichen Morddrohungen ließ sie sich nicht einschüchtern.

„Das Urteil gegen den Mörder von Miroslava Breach hat historische Dimensionen, denn so gut wie immer bleiben Morde an Journalistinnen und Journalisten in Mexiko ungesühnt“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Diese lange Haftstrafe macht deutlich, dass Verbrechen an Medienschaffenden abscheulich sind und mit aller Härte des Gesetzes verfolgt werden müssen. Wir hoffen, dass nun weitere Urteile in anderen Mordfällen folgen.“

Der Täter Juan Carlos Moreno Ochoa, genannt „El Larry“, war schon am 18. März 2020 nach 31 Tagen mündlicher Verhandlung des Mordes schuldig gesprochen worden. Nach Angaben des Vorsitzenden Richters gab es „keinerlei Raum für Zweifel“. Lediglich die Höhe des Urteils stand noch aus.

In dem Prozess wurden 50 Zeuginnen und Zeugen angehört, die von der Generalstaatsanwaltschaft und dem Rechtsbeistand der Organisation Propuesta Cívica präsentiert wurde, außerdem sechs Zeuginnen und Zeugen der Verteidigung. Insgesamt dauerte das Verfahren fast drei Jahre. Die zahlreichen Zeugen- und Expertenaussagen sowie Dokumentenbeweise gaben Aufschluss darüber, wie die Planung und Durchführung des Verbrechens abgelaufen war.

Nachweislich wegen ihrer journalistischen Arbeit ermordet

Unter anderem stellte der Richter fest, dass Miroslava Breach nachweislich aufgrund ihrer journalistischen Recherchen Opfer des Mordes wurde. Außerdem war es möglich, einen geistigen Urheber des Verbrechens, einen Drogenboss mit politischen Verbindungen, zu identifizieren. Auf kriminalpolizeiliche Ermittlungen spezialisierte Expertinnen und Experten erläuterten, wie die Politik des Drogenhandels in der Sierra de Chihuahua funktioniert und welche möglichen Verbindungen von Politikerinnen und Politikern der gegenwärtigen lokalen Regierung zum organisierten Verbrechen bestehen – die Verhandlung zu dieser Untersuchung steht noch aus.

Das Urteil stellt einen wichtigen Präzedenzfall im Kampf gegen die Straflosigkeit in Mexiko dar. In Hunderten anderer Fälle wurden weder die Täterinnen und Täter selbst noch die Auftraggeberinnen und -geber zur Rechenschaft gezogen. Mexiko ist das gefährlichste Land für Medienschaffende, das sich nicht im Krieg befindet. Im vergangenen Jahr wurden 10 Journalistinnen und Journalisten getötet, in diesem Jahr sind es bislang vier. bei Mit der Verurteilung des Mörders von Miroslava Breach ist ein erster Schritt in Richtung konsequenter Strafverfolgung getan, der Fall ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Der Haftbefehl gegen Jaciel „N“, einen weiteren Beteiligten am Mord an der Journalistin, muss noch vollstreckt werden; die Ermittlungen gegen die Drahtzieher und möglicherweise beteiligte Vertreterinnen und Vertreter der Regierung von Chihuahua dauern an.

Im weiteren Kampf gegen die Straflosigkeit fordern Reporter ohne Grenzen und Propuesta Cívica die Behörden dazu auf, die folgenden Punkte umzusetzen:

An die mexikanische Generalstaatsanwaltschaft:

Durchführung der notwendigen nachrichtendienstlichen Maßnahmen zur Vollstreckung der ausstehenden Haftbefehle

Ausweitung der Ermittlungen gegen die Auftraggeberinnen und -geber des Mordes

Untersuchung der möglichen Beteiligung und Art der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Beamtinnen und Beamten, die in die Ermittlungen involviert waren

Zum Schutzmechanismus für Journalistinnen und Menschenrechtsaktivisten:
Bereitstellung umfassender Schutzpläne für die Familie des Opfers, da das Risiko, selbst Opfer von Übergriffen zu werden, nach wie vor besteht

An die Kongresse der Bundesstaaten:

Ergänzung der Strafgesetzgebung um den Tatbestand der besonderen Schwere, wenn der Mord an Journalistinnen und Journalisten in Ausübung ihrer Arbeit begangen wird

An die Exekutivkommission für die Betreuung der Opfer:

Anerkennung und Betreuung auch der indirekten Opfer wie der Familie

Propuesta Cívica ist die mexikanische Partnerorganisation von Reporter ohne Grenzen im Programm „Defending Voices“, das an der Stärkung und dem Schutz von Journalisten arbeitet und das Ziel verfolgt, die herrschende Straflosigkeit bei Gewaltverbrechen gegen Journalistinnen und Journalisten zu beenden.

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