Vor 15 Jahren untersuchte Dr. Dirk Embert, Südamerika-Referent des WWFs und gebürtiger Rheinländer, erstmals eine ganz besondere Schlange. Heute trägt die Oxyrhopus emberti seinen Namen. Entdeckt hat der in Bonn geborene Embert sie nicht in freier Wildbahn, sondern in einem Glas – konserviert in einem Museum in Santa Cruz (Bolivien). Dort erforschte der promovierte Biologe Reptilien aus den Trockentälern Boliviens und stellte fest: Die Schlange, die er vor sich hatte, wurde falsch bestimmt. Tatsächlich handelte es sich um eine andere, neue Art.
„Bei meiner Untersuchung hatte ich zunächst vermutet, zwei verschiedene Schlangenarten vor mir zu haben: Kleine, bunt gestreifte Tiere und große, schwarze Schlangen mit rot leuchtenden Augen. Erst als wir ein mittelgroßes, schwarzes Exemplar mit nur wenigen Streifen fanden, wurde klar, dass es sich um dieselbe Art handelt. Die gestreiften Schlangen sind die Jungtiere der schwarzen“, erklärt Dirk Embert. „Das macht diese Art besonders. Die Schlange gehört zur Gattung Oxyrhopus, den sogenannten falschen Korallenschlangen. Das sind Schlangen, die die Färbung der giftigen Korallenschlange imitieren, um sich Fressfeinde vom Leib zu halten. Korallenschlangen behalten diese Färbung bei, die Oxyrhopus emberti muss sich aber anpassen. Denn im Gegensatz zu den relativ kleinen Korallenschlangen, kann sie bis zu über einen Meter groß werden. Dann fällt keiner mehr auf ihre Täuschung herein. Um sich weiterhin zu tarnen, nehmen ausgewachsene Tiere daher eine schwarze Farbe an. Dieser Farbwechsel ist ein äußerst seltenes Phänomen, das es auch bei Eidechsen gibt.“
Für den Naturschutz vor Ort ist der Fund ein Lichtblick, so der Herpetologe: „Gelingt es nachzuweisen, dass an einem Ort besonders viele Arten vorkommen, erhöht das die Biodiversität. Das gilt insbesondere für neue Arten wie die Oxyrhopus emberti, die nicht weit verbreitet sind.“ Die Schlangenart kommt hauptsächlich in den Anden Boliviens und dort nur in den Bergregenwäldern vor. Diese Wälder werden stark abgeholzt und sind daher bedroht. Der Fund kann dazu beitragen, den begrenzten Lebensraum der Schlange und damit wertvolle Natur unter Schutz zu stellen.
Schlangen entdecken, um zu schützen – das ist gar nicht so leicht, erklärt Embert. Im Feld ist er oft tagelang auf der Suche, ohne auch nur eine einzige Schlange zu finden. „Manchmal hat man Glück und dann kriecht einem zufällig ein Tier über den Weg. Meist muss man aber schon sehr genau hinsehen, denn Schlangen verstecken sich gerne unter Baumstämmen oder hoch in den Bäumen.“ Fast noch schwieriger ist es, sie einzufangen. Zwei Mal wurde der Herpetologe schon von mindergiftigen Schlangen gebissen. Das schreckt ihn aber nicht ab: „Schlangen sind geheimnisvolle und gefährliche Tiere. Diese Mischung, ihr Gruselfaktor, hat mich schon immer fasziniert.“
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