In einem Lagerhaus am Stadtrand von São Paulo können Menschen mit riesigen Hämmern alte Fernseher, Computer und Drucker zerstören und ihrer Wut freien Lauf lassen. In dem halb beleuchteten Raum liegen Fernseher, Computermonitore, Kaffeemaschinen, Waschmaschinen und anderer Schnickschnack, die wohl einmal irgendeinen Haushalt glücklich gemacht haben. Weit davon entfernt, ein Gebrauchtwarenbasar oder eine Reparaturwerkstatt zu sein, gibt der mit Graffiti überzogene Raum nicht vor, diese Gegenstände wieder funktionstüchtig zu machen. Jedes Objekt, das hier eintrift, ist für das ultimative Ende bestimmt und wird mit Baseballschlägern, Brechstangen und schweren Hämmern zerstört. Der mit Trümmern, Glasscherben und Reifen gefüllte Raum erinnert an apokalyptische Filme. Worte wie „Korruption“, „Ex-Frau“, „Ex-Ehemann“, „Corona“ und „Arbeit“ zieren die Wände und sollen die Wut der Vandalen noch anstacheln.
Eine leere Whiskeyflasche, die auf einem Metallfass steht, explodiert durch die Wucht des Aufpralls des Baseballschlägers in Hunderte von Teilen. Die Vorführung macht Vanderlei Alves (42), Besitzer des Etablissements, der den Zweck der Einrichtung klar macht. „Alles hier ist zum Zerstören. Sie zahlen 25 Reais (1 US-Dollar entspricht 5,38 Reais) und hauen alles in Stücke. In Zeiten von Corona blüht das Geschäft, die Menschen wollen ihren Ärger und Frust freien Lauf lassen“. Zusammen mit seinem Bruder Vitor Alves eröffnete Vanderlei vor etwas mehr als einem Monat den auf den Namen „Rage Room CT“ (Wut Raum) getauften Raum in Cidade Tiradentes, am Rande des äußersten Ostens von São Paulo. „Die ursprüngliche Idee ist nicht von uns. Diese Art von Geschäft existiert bereits außerhalb Brasiliens, in den Vereinigten Staaten und Japan. Ich sah Videos von diesen Räumen im Internet und habe die Idee aufgegriffen“, so der ehemalige Bauarbeiter.
Sein Wutraum ist der einzige in São Paulo, der sich auf die Reizbarkeit der Kunden verlässt, um zu gedeihen. Die Zahl der Kunden wächst. Ihm zufolge kommen zehn Besucher pro Woche, was ihm einen monatlichen Umsatz von 3.000 Reais einbringt. Für Vanderlei ist das viel Geld, der monatliche Mindestlohn im größten Land Südamerikas liegt bei knapp über 1.000 Reais. Deshalb sind seine Expansionspläne ehrgeizig. „Innerhalb eines Jahres sollen sechzehn Einheiten auf verschiedene Stadtteile verteilt werden, andere Städte sind in Planung“. Bilder und Videos vom „Rage Room CT“ in der brasilianischen Metropole werden nicht veröffentlicht, Kunden genießen Anonymität.
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