Am weitesten entferntes Radio-Leuchtfeuer im frühen Universum entdeckt

quasar

Künstlerische Darstellung eines Quasars wie P172+18 Bild: ESO/M. Kornmesser
Datum: 08. März 2021
Uhrzeit: 22:26 Uhr
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Autor: Redaktion
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Quasare gehören zu den hellsten Objekten im Universum. Deshalb untersuchen Astronomen sie in großen kosmologischen Entfernungen sehr genau. Obwohl sie bereits 1963 durch die Messung von Radiowellen entdeckt wurden, sind nur 10 % der Quasare radiolaut, d. h. sie leuchten bei Radiofrequenzen besonders hell. Die Astronomen rätseln jedoch, wie dieser geringe Anteil zu erklären ist und ob er auch für die frühesten kosmischen Epochen gilt. Bis vor kurzem waren nur drei radiolaute Quasare mit einer Rotverschiebung (z) von mehr als sechs bekannt, wobei der am weitesten entfernte bei z = 6,2 lag. Die Rotverschiebung ist das Maß, das Kosmologen verwenden, um große Entfernungen von Objekten anzuzeigen, die dadurch entstehen, dass die kosmische Expansion das elektromagnetische Spektrum zu größeren Wellenlängen hin verschiebt. Die Rotverschiebung hängt direkt mit dem Alter des Universums zusammen, in dem z. B. ein Quasar beobachtet wird.

Nun hat ein internationales Forscherteam die bisher fernste Radioquelle entdeckt. Eduardo Bañados, Astrophysiker am Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg, und Chiara Mazzucchelli von der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile und ehemalige Doktoranden am MPIA leiteten die Zusammenarbeit. Die Wissenschaftler fanden den Quasar mit der Bezeichnung P172+18 bei der Rotverschiebung z = 6,82. Sie entspricht einer Ära, in der das Universum gerade einmal 780 Millionen Jahre alt war, also etwa 100 Millionen Jahre früher als der bisherige Rekordhalter.

„Ich finde es sehr aufregend, zum ersten Mal neue schwarze Löcher zu entdecken und einen weiteren Baustein zu liefern, um zu verstehen, wie das ursprüngliche Universum entstanden ist“, sagt Mazzucchelli.

„Die Beobachtungen sind nicht nur dazu da, Entfernungsrekorde zu jagen“, erklärt Bañados. Jan-Torge Schindler, MPIA-Wissenschaftler und Mitautor der Studie, fügt hinzu: „Entfernte, radiolaute Quasare am Anfang der Entwicklung des Kosmos dienen auch als Leuchtfeuer, um Material zu untersuchen, das zwischen der Erde und den Quasaren liegt.“ Da Gas bei unterschiedlichen Rotverschiebungen seinen Fingerabdruck im Spektrum der Quasare hinterlässt, können die Astronomen das Muster nutzen, um die Gasdichte und deren Verteilung im frühen Universum zu bestimmen.

Das supermassereiche schwarze Loch im Zentrum sorgt für die Schwerkraft, die das umgebende Gas anzieht und es ins Innere stürzen lässt. Dabei bildet sich eine Akkretionsscheibe, über die das Gas in das schwarze Loch strudelt. Durch die Reibung heizt es sich auf so hohe Temperaturen auf, dass es im UV-Licht besonders hell leuchtet. Dieser Prozess setzt pro Sekunde so viel Strahlungsenergie frei wie das 580-fache der gesamten Milchstraße.

Die Masse des schwarzen Lochs von P172+18 beträgt etwa das 70-fache der Masse seines Gegenstücks im Zentrum der Milchstraße, und es wächst immer noch rasant. Die Messungen deuten darauf hin, dass dieser Quasar eines der am schnellsten akkretierenden supermassereichen schwarzen Löcher beherbergt, die bekannt sind. „Dieses schwarze Loch erfreut sich eines Festmahls und gewinnt sehr schnell an Masse“, konstatiert Irham Andika, Co-Autor und MPIA-Doktorand. Die dabei von der Akkretionsscheibe ausgesandte Strahlung wird so intensiv, dass sie dem kollabierenden Gas entgegenwirkt und den Zufluss allmählich abbremst.

Die von den Forschenden mit dem Karl G. Jansky Very Large Array (VLA) des NRAO gemessene Radiostrahlung deutet auf einen Jet hin, der ionisiertes Gas in einem eng gebündelten Strahl auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Solche Jets dienen auch als Ventil, das einen Teil des Drucks abführt, der durch den Akkretionsprozess erzeugt wird. Ein Vergleich mit 20 Jahre alten Daten legt nahe, dass P172+18 in den letzten Jahren an Radioleuchtkraft verloren hat. Ob dieser Befund etwas mit einem schwächer werdenden Jet und einer nachlassenden Akkretionstätigkeit zu tun hat, lässt sich aber erst mit weiteren Messungen abschließend klären.

„Ursprünglich war P172+18 nur einer von vielen Quasarkandidaten, die durch eine Auswertung der Pan-STARRS-Durchmusterung identifiziert wurden“, beschreibt Bañados. „Letztlich brauchten wir aber präzise Beobachtungen mit Infrarot-Teleskopen, um die Entfernung des Quasars und die Eigenschaften des schwarzen Lochs zu bestimmen.“ Astronomen setzen Infrarotkameras und spektrografen ein, die das Licht einfangen, das von Objekten im frühen Universum ausgesandt wird. Um die nötige Präzision zu erreichen, kombinierten die Forschenden Beobachtungen des Magellan-Bade-Teleskops am Las Campanas Observatorium (Chile), des Nordic Optical Telescope (NOT) auf La Palma (Spanien), des Keck-Teleskops in Hawaiʻi (USA), des Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO Chile) und des Large Binocular Telescope (LBT) auf dem Mount Graham (USA).

Beim Studium der Radiodaten entdeckten die Wissenschaftler eine weitere Radioquelle in der Nähe von P172+18, deren Rotverschiebung und Entfernung sie jedoch noch nicht bestimmen konnten. Aufgrund der räumlichen Verteilung der Quasare ist die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Zufallstreffers in unmittelbarer Nähe sehr gering. Wenn es sich um eine physikalisch zusammenhängende Doppelquelle handelte, betrüge ihr Abstand, projiziert auf die gedachte Himmelskugel, etwa 400.000 Lichtjahre. Dieser Bereich entspricht etwa der doppelten Entfernung zwischen der Milchstraße und der Kleinen Magellanschen Wolke. Das von Bañados geleitete Team versucht nun zu bestätigen, ob diese beiden Quellen physikalisch miteinander verbunden sind. Sollte dies der Fall sein, würde dies darauf hindeuten, dass es sich um eine der ersten Überdichten von Galaxien im frühen Universum handelt.

Die Entdeckung einer frühen Galaxiengruppe wäre spektakulär, da die Erforschung der Strukturbildung in dieser Epoche gerade erst beginnt. Die Idee ist, dass sich zunächst Wolken aus neutralem Wasserstoff zusammenfinden, die sich dann zu Galaxien entwickeln und möglicherweise Quasare beherbergen. Die systematische Erforschung solcher Wasserstoffwolken während der ersten Milliarden Jahre des Universums liegt noch in weiter Ferne, ist aber prinzipiell möglich. Dazu können radiolaute Quasare als Hintergrundquellen dienen, mit denen die Forschenden diese Wolken nachweisen können. Noch wissen die Astronomen nicht, warum verschiedene Quasare eine so große Vielfalt an Radioemission aufweisen. Sie in den frühesten kosmischen Epochen zu untersuchen, kann Aufschluss darüber geben, wie supermassereiche schwarze Löcher wachsen. Es ist eines der größten Rätsel der Astrophysik, das es noch zu lösen gilt.

Allerdings benötigen die Astronomen so viele dieser Quasare wie möglich. „Unsere Messungen zeigen, dass die Radioeigenschaften von P172+18 im Vergleich zu anderen radiolauten Quasaren eher durchschnittlich sind“, bemerkt Bañados. „Deshalb sind wir optimistisch und vermuten, dass es da draußen noch viele weitere radiolaute Quasare zu entdecken gibt, manche von ihnen sogar in größeren kosmologischen Entfernungen. Unsere Suche geht weiter.“

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