Kuba: Beliebtes Urlaubsziel mit katastrophaler Menschenrechtsbilanz

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Die Traumstrände von Varadero sind mit die beliebtesten Ziele bei einer Kubareise (Foto: Wilder Mendez/Wikipedia/Public Domain)
Datum: 19. März 2021
Uhrzeit: 11:52 Uhr
Ressorts: Kuba, Welt & Reisen
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Autor: Redaktion
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Beliebtes Urlaubsziel mit katastrophaler Menschenrechtsbilanz: „In Kuba geht die Verfolgung weiter und sie wird sogar noch schlimmer. Zur Zeit sieht man überall auf den Straßen Militär, das verhindern soll, dass es aufgrund des gravierenden Lebensmittelmangels zu Protesten kommt“, erklärt Berta Soler, Sprecherin der „Damen in Weiß“, in einer Videobotschaft zu Beginn des Kuba-Symposiums der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) am 18. März 2021.

Anlass des Symposiums war einerseits der Aktionstag für die Freiheit der politischen Gefangenen und andererseits der Jahrestag des so genannten kubanischen Schwarzen Frühlings, an dem im März 2003 75 Bürgerrechtler verhaftet und anschließend zu langen Haftstrafen verurteilt wurden. Unter dem Motto „Patria y Vida – Kuba zwischen Erstarrung und Lebensmut“ diskutierten Kuba-Experten, Zeugen und Opfer des kubanischen Regimes über die aktuelle Menschenrechtslage sowie über die Rolle Europas bei der Förderung von Demokratie und wirtschaftlicher Entwicklung.

Überwachung und Verfolgungsdruck

„Kuba ist ein beliebtes Urlaubsland. Sonne und Strand können nicht verdecken, dass das Land von einer kommunistischen, geldgierigen Machtelite unterdrückt wird“, so Dieter Dombrowski, Vorsitzender der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG). Wie die IGFM, die auf Kuba mit einer Sektion vertreten ist, berichtet, sind auf der Karibikinsel aktuell 138 politische Gefangene bekannt. Immer wieder kommt es zu willkürlichen Festnahmen, Misshandlung und vorgeschobenen Anklagen gegen Bürgerrechtler. Wie Berta Soler erklärt, werden sie zusammen mit gewöhnlichen Kriminellen inhaftiert und laufen Gefahr, sich im Gefängnis mit dem Coronavirus zu infizieren. Außerdem sei die Ernährungssituation dort extrem schlecht und wegen der Pandemie dürfen Angehörige die Insassen nicht besuchen. „Die Damen in Weiß leiden weiter unter starker Repression und der Überwachung des Regimes, obwohl wir unsere Aktivitäten für die Freiheit Kubas und der politischen Gefangenen aufgrund der Corona-Pandemie pausiert haben“, so Soler.

Rotes Kreuz erhält keinen Zugang zu kubanischen Gefängnissen

Wie Martin Lessenthin, Vorstandssprecher der IGFM, erläutert, hat sich die Situation für die kubanischen Bürger in der Pandemie weiter verschlechtert. Während das Regime mit Impfreisen für Urlauber werbe und Medizinbrigaden ins Ausland entsende, hätten die Kubaner keinen Zugang zu einem effizienten Gesundheitssystem. Die Ausstattung mit medizinischem Gerät und die hygienischen Bedingungen in kubanischen Krankenhäusern seien mangelhaft. Auch bestimmte Medikamente sei Mangelware. Die IGFM kritisiert aufs Schärfste, dass das Internationale Komitee vom Roten Kreuz seit Jahrzehnten keinen Zugang zu kubanischen Gefängnissen bekommt.

Placebos statt Medikamente – Katastrophale Gesundheitsversorgung auf Kuba

Die schlechte Gesundheitsversorgung thematisierte auch Omara Ruiz Urquiola, Kunsthistorikerin und Professorin, in ihrer Videobotschaft. Nachdem bei ihr im Jahre 2005 Brustkrebs diagnostiziert wurde, begann sie eine Behandlung im Krankenhaus, ohne dass jemals Untersuchungen durchgeführt wurden. Immer wieder wurden ihr Placebos anstatt wirksamer Medikamente verabreicht. „Als ich im Jahr 2016 sechs Monate ganz ohne Medikation auskommen sollte, was für mich den Tod bedeutet hätte, trat mein Bruder in den Hungerstreik und erreichte so die Fortsetzung der Behandlung“, sagte Omara Ruiz Urquiola. Nach 15 Jahren Tätigkeit als Professorin an der Universität Havanna, wurde sie 2019 aufgrund ihres politischen und sozialen Engagements entlassen. Ihrem Bruder, dem Biologen Dr. Ariel Ruiz Urquiola, wurde schon vorher gekündigt, weil er sich öffentlich für ihr Recht auf Gesundheitsversorgung und für Umweltschutz eingesetzt hatte.

Proteste nach Inflation

Auf die derzeitige politische und wirtschaftliche Siuation ging Dr. René de Jesús Gómez Manzano, Vorsitzender der IGFM Kuba, ein. Unter dem Vorwand der Umsetzung des sogenannten Arrangement-Prozess – der darauf abzielt, eine der beiden kubanischen Währungen zu beseitigen – habe die Regierung sowohl die Gehälter und Renten als auch die Preise erhöht. Die daraus resultierende Inflation habe das reale Einkommen der Kubaner erheblich reduziert und eine Welle von Protesten ausgelöst, auf die das Regime mit Repressionen reagiert habe. „In der heutigen schlimmen wirtschaftlichen Situation sind alle Hoffnungen des Regimes an den Erfolg des kubanischen Impfstoffs gegen COVID-19 gebunden“, so Dr. Gómez Manzano und verweist darauf, dass Kuba innerhalb der letzten Wochen einen starken Anstieg von Coronavirus-Fällen erlebt hat. Bisher habe allerdings kein Kubaner den Impfstoff erhalten.

„Die Diktatur lehnt Schwule ab und demütigt uns“

„Wir Schwule haben keinerlei Vertretung, keine Stimme in der kubanischen Regierung. Wir sind völlig schutzlos und die grausame Diktatur lehnt uns ab und demütigt uns. Wir warten sehnsüchtig auf den Tag, an dem in Kuba die Menschenrechte und besonders die LGBT-Rechte respektiert werden“, erklärt der 18-jährige Adrian Rubio, der sich als Mitglied der kubanischen LGBT-Community für Menschenrechte einsetzt. Als „kritischer als zu Fidel Castros Zeiten“ bezeichnete der kubanische Schriftsteller und Journalist Amir Valle die aktuelle Situation in Kuba und betont in diesem Zusammenhang die gestiegenen Repressionen gegenüber Künstlern und Intellektuellen. Deshalb sieht er den Dialog der EU, der UNO und der neuen US-Regierung mit Kuba kritisch.

Künstler lehnen sich gegen Regime auf

Die derzeitige Situation der Künstler griff auch der Pfarrer Manuel Alberto Morejón Soler, Pastor der Christlichen Allianzkirche in Kuba, in seiner Videobotschaft auf. und ging auf die Urteile im Zuge des sogenannten Schwarzen Frühlings ein, als 75 Bürgerrechtler am 18. März 2003 verhaftet und zu Haftstrafen zwischen zwölf und 28 Jahren verurteilt wurden. „Heute hat sich eine Gruppe von jungen Künstlern spontan erhoben und stört die Diktatur zutiefst, die Bewegung San Isidro (El Movimiento de San Isidro). Diese jungen Leute haben sich nach der willkürlichen Verhaftung des Rappers Denis Solis zusammengetan, um die Freilassung ihres Mitstreiters zu fordern”, so Pfarrer Soler. Nach Repressionen traten sie sogar in einen Hungerstreik und demonstrierten vor dem Kultusministerium für ihre Rechte. Nachdem die Behörden gewaltsam gegen die Gruppe vorgingen, schufen die Musiker die Hymne `Patria y Vida` („Heimat und Leben”). Die kubanische Journalistin Iliana Hernandez ist Teil der Bewegung San Isidro: „`Patria y Vida` ist ein Lied ist, das dem kubanischen Volk viel Hoffnung gebracht hat, es ist zur Freiheitshymne des kubanischen Volkes geworden. Wir demonstrieren damit für Veränderung und betonen, dass das kubanische Volk Heimat und Leben (patria y vida) möchte und nicht Heimat oder Tod (patria o muerte).”

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