Das Gesicht eines durch das Ungleichgewicht des Klimas entstellten Planeten hat sich in den letzten Wochen in Amerika gezeigt. Der Norden brennt in einer noch nie dagewesenen Hitze die in der Lage ist, Stromleitungen zu schmelzen und den Asphalt in Städten in den USA und Kanada aufbrechen zu lassen. Der Süden gefriert in einer Masse von kalter Luft mit genug Kraft, buchstäblich den Winter zu brechen und den Äquator zu überqueren. Als ob das noch nicht genug wäre, kam „Raoni“ hinzu, ein Quasi-Hurrikan und subtropischer Wirbelsturm, der die Muster der Natur unterlief und sich im Südatlantik gleichzeitig mit der kalten Masse bildete. Es ist die erste Aufzeichnung eines solchen Zyklons im Winter der südlichen Hemisphäre.
„Extreme Hitze und Kälte sind das Markenzeichen des Klimawandels“, bemerkt der Meteorologe Marcelo Seluchi, Generalkoordinator für Operationen und Modellierung im Nationalen Zentrum für die Überwachung und Warnung von Naturkatastrophen (Cemaden). Extreme werden häufiger, vor allem Hitzewellen, obwohl auch extreme Kältewellen vorhergesagt wurden und eintreten. Dies ist das Szenario, das die Wissenschaft vorhergesagt hat und das wir leider gleichzeitig erleben. „Was heute in Amerika passiert, gibt einen Hinweis darauf wohin wir uns bewegen“, erklärt Seluchi. Das neue Klimanormal manifestiert sich in verschiedenen Formen von Extremen. Die kalte Masse, die laut Seluchi als polar bezeichnet wird, ist eine davon und hat die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler auf sich gezogen. Am 1. Juli wurde an einer Wetterstation im Itatiaia-Nationalpark in Rio de Janeiro -14,8 Grad Celsius gemessen. Auffallend ist die Größe der kalten Luftmasse und ihre Hartnäckigkeit, die von der in der letzten Woche gebildeten Front ausgeht. Sie erstreckte sich von Patagonien, im äußersten Süden des Kontinents, bis nach Venezuela und ließ die Temperaturen in normalerweise warmen Städten wie Cuiabá und Maceió in den Keller rauschen.
„Es ist extrem selten, dass eine Kaltfront die Stärke hat, den Äquator zu überqueren. Dieses System hatte allerdings die Kraft, den Norden von Amazonien zu überqueren und führte zu einem starken Rückgang der Temperaturen“, analysiert Seluchi. Das Außergewöhnlichste an dieser Front war, dass sie praktisch ganz Brasilien erreichte und den Amazonas abdeckte. Sie verursachte Regen in Mato Grosso, eine weitere absolute Seltenheit für diese Jahreszeit. Die Kaltfront in Brasilien verliert an Stärke, aber die Hitze verursacht weiterhin Schäden und Todesfälle in Nordamerika und dehnt sich diese Woche auf Skandinavien aus. Die Hitzewelle ist beispiellos und hat dazu geführt, dass notorisch kalte Orte wie Portland, Oregon (USA) und Toronto (Kanada) tagelang bei Temperaturen von über 45°C schwitzen. Hitzewellen wie diese werden in Zukunft immer häufiger auftreten. Sie werden die neue Normalität sein, auf die die Welt nicht vorbereitet ist.
Leider kein Kommentar vorhanden!