Ja, draußen trommeln die Tamtams die ganze Nacht, und die Kakerlaken schreien, so könnte man glauben. Jeden Tag geschehen neue Wunder, Millionenstädte entstehen über Nacht, solche aus Zelten, und solche aus Holz. Nicht nur die Alteingesessenen, die überlebt haben, und aus den großen Trümmerstädten angeschwemmt wurden, Strandgut, von irgendwoher, nicht nur die müssen glauben, sie spinnen. Wer das nicht von sich glaubt, der spinnt wirklich.
Sie wissen ja jetzt, zuerst waren die Indianer hier. Nur Indianer, und keine anderen. Dann – so wird behauptet – gab es die plötzlich nicht mehr. Ausgerottet, im Genozid durch die bösen Einwanderer, die alles ausraubten, die den Indianerinnen das Gold und die Jungfräulichkeit raubten, und sich vermischten – und dann die Afrikaner, und all die andern. Heute gibt es nur noch Mischlinge, und alle glauben, alle andern spinnen.
Die Indianer hatten noch Häuptlinge, man nennt sie Kaziken. Die hatten alles im Griff. Dann kamen die afrikanischen Stammesältesten, die europäischen Bürgermeister, die Gang- und Quartierchefs, die Bourgois, & more. Heute weiß man nicht mehr, oder noch nicht, wer das Sagen hat, wer da plant, ob das Land noch jemandem gehört oder nicht, wie und wo man bauen soll oder darf. Ein lieber Nachbar, während 20 Jahren in Gressier, soll jetzt wieder ein Haus bauen, ein zweites, aus Beton. Obschon niemand mehr aus Beton und Stein baut, in dieser Wackelzeit. Auch ich habe die neuen Millionenstädte aus dem Boden schießen gesehen, schneller als Pilze. Solche aus Zelten, und solche aus Holz.
Ich selbst bin ins Umfeld einer humanitären Hilfsorganisation geraten, die demnächst Holzhäuser verteilt. Zu zehntausenden. Ich habe in meiner Umgebung in Gressier einige Dutzend Bauplätze gemeldet, von Besitzern total eingestürzter Häuser, die mit Holzhäuschen zufrieden wären. Wem das Land gehört, was geplant ist, wie der Staat regiert, den es gar nicht mehr gibt, weiß niemand. Aber mein Nachbar, der hat reagiert. Er dulde keine Holzhäuser in seiner Umgebung, das ziehe Arme und Diebe an, er kämpfe für Häuser aus Stein. Und baut weiter. Er glaubt, es seien immer noch die Kaziken, die das Leben bestimmen. Ich glaube das nicht. Er wurde schon zweimal angeschossen und operiert, er riskiert das ein drittes mal. Denn er hat noch nicht gemerkt, dass der Wind gedreht hat.
Seine Frau wurde beim Hauseinsturz verletzt. Sie liegt in den USA in einem Spital und wird nicht wiederkommen. Der Kazikennachbar hat sein erstes Haus in einem Nachbardorf bereits für sich und eine Freundin aufgebaut. Damit Leben und Wirtschaft weitergehen. Vom zweiten hab ich erst gehört, es sei in Gressier im Bau. Ich selber werde es mit einem kleinen Holzhaus probieren und möchte mittendrin bleiben. Vielleicht so, wie in der Schweiz die Hühner wohnen. Das andere habe ich ja kennen gelernt, zwanzig Jahre lang. Und Abwechslung tut immer gut!
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