Ausstellung in Zürich – Militärdiktatur in Chile: Über Folter spricht man nicht

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Die Ausstellung «Über Folter spricht man nicht!» ist bis 8. Oktober 2023 in der Photobastei Zürich zu sehen. (Foto: photobastei)
Datum: 23. September 2023
Uhrzeit: 14:00 Uhr
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Autor: Redaktion
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Am 11. September 1973 putschte das Militär in Chile mit Unterstützung der US-Regierung gegen die demokratisch gewählte Regierung. Der sozialistische Präsident Salvador Allende beging Selbstmord, um der Gefangenschaft durch das Militär zu entgehen. Vor allem in den ersten der 17 Jahre dauernden Herrschaft der Junta verfolgte diese erbarmungslos ihre mutmaßlichen Gegner: Gewerkschafter, Angehörige liberaler, sozialistischer und kommunistischer Organisationen. Für diesen Zweck richtete die Junta in den Folgejahren mehr als 1200 geheime Gefängnisse und Folterstätten ein. Neben öffentlichen Einrichtungen nutzte sie solche des Militärs und der Polizei, leerstehende Gebäude, beschlagnahmte und enteignete aber auch Privatbesitz. Heute sind einige dieser Orte wieder in Privatbesitz, andere werden immer noch vom Militär oder der Polizei genutzt. An manchen Orten sind die Einrichtungen zerstört, viele Orte sind nicht mehr identifizierbar und nur einige wenige inzwischen als Gedenkstätte zugänglich.

An all diesen Orten wurden die Gefangenen verhört und gefoltert, mehrere Tausend wurden ermordet oder man ließ sie „verschwinden“. Rund 1200 Menschen gelten noch heute als vermisst. Gefangene berichteten, dass sie immer wieder geschlagen wurden, dass ihnen Plastiktüten übergestülpt wurden („trockenes U-Boot“), dass sie unter Wasser oder andere Flüssigkeiten getaucht wurden („nasses U-Boot“). Sie schildern Elektro-Schocks auf einem bettähnlichem Metallgestell („Grill“). Sie wurden in der Nacht mit Dauerlärm beschallt, sie wurden gezwungen, zuzuhören oder zuzusehen wie andere Gefangene gefoltert wurden; sie fielen Scheinerschießungen zum Opfer und wurden sexuell missbraucht, um nur einen kleinen Auszug aus der langen Liste der brutalen Vergehen an den Gefangenen wiederzugeben. Über diese Folterungen wurde viele Jahre nicht gesprochen. Erst 2004 erschien das beeindruckende Buch von Patricia Verdugo: „Über Folter spricht man nicht“ und erst vor etwa fünf Jahren kamen erste Klagen gegen die Folterer vor Gericht.

José Giribás Marambio konnte im Dezember 1973 mit Hilfe des „Komitees für den Frieden“ aus Chile fliehen. Seit 1986 war er mehrfach nach Chile gereist und konnte so u.a. Demonstrationen gegen das Pinochet-Regime dokumentieren. Im Jahr 2016 begleitete er den Bundespräsidenten Joachim Gauck bei einem offiziellen Besuch in Chile. Dabei besuchten sie in Santiago auch das „Museum der Erinnerung“ und die „Villa Grimaldi“. Im gleichen Jahr, 26 Jahre nach dem Ende des Pinochet-Regimes, entschuldigte sich Frank-Walter Steinmeier, der damalige deutsche Außenminister, für die Fehler der deutschen Diplomatie in Bezug auf die Verbrechen der „Colonia Dignidad“, eines der Folterzentren. Das späte Eingeständnis auch deutscher Schuld, die Eindrücke der Reise mit dem Bundespräsidenten und dass über die Folterungen in Chile immer noch nicht gesprochen wird, motivierten Giribás, wenigstens einige Folterstätten zu dokumentieren, mit Überlebenden zu sprechen, ihre Geschichten festzuhalten und sie zu porträtieren.

Die Ausstellung «Über Folter spricht man nicht!» ist bis 8. Oktober 2023 in der Photobastei Zürich zu sehen.

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