Der globale Kreuzzug der Osterinsel gegen Plastik in den Ozeanen

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Nach Angaben der UN-Umweltorganisation gelangen jedes Jahr etwa 11 Millionen Tonnen Plastikmüll in die Ozeane, eine Zahl, die sich bis 2040 verdreifachen und die lokalen Ökosysteme zerstören könnte (Foto: cientificosdelabasura)
Datum: 08. Oktober 2023
Uhrzeit: 11:02 Uhr
Ressorts: Chile, Natur & Umwelt
Leserecho: 2 Kommentare
Autor: Redaktion
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Wer seine Hände in Anakena, dem berühmtesten Strandparadies der chilenischen Osterinsel, vergräbt, findet nicht nur feinen weißen Sand, sondern auch eine Handvoll Mikroplastik: Die Plastikverschmutzung ist eine Plage auf diesem abgelegenen Territorium inmitten des Pazifischen Ozeans, das sich auf einen weltweiten Kreuzzug begeben hat, um das Bewusstsein dafür zu schärfen. Eine Studie der Katholischen Universität „Universidad Católica del Norte de Chile“ schätzt, dass 4,4 Millionen Müllteile an den Küsten von Rapa Nui angeschwemmt werden. Rapa Nui ist der indigene Name für die 163,6 Quadratkilometer große Insel, die in der ganzen Welt für ihre antiken humanoiden Skulpturen, die Moais, bekannt ist.

Reifen, Holz, Reste von Fischernetzen, Flaschen, Behälter, Dosen oder Nylonseile von Fischerbooten liegen jeden Tag an der schönen Küste. Viele kommen ganz an, aber andere Kunststoffe zersplittern in zahllose Teile, wenn sie jahrelang den Wellen und der Sonne ausgesetzt sind. „Wir sind keine Produzenten von Makro- und Mikroplastik, sondern Empfänger dessen, was von Küstenländern in Nord-, Mittel- und Südamerika und Asien produziert wird“, sagte Pedro Edmunds, Bürgermeister von Rapa Nui, gegenüber der Nachrichtenagentur „EFE“.

Internationale Allianz für die Ozeane

Die Osterinsel, die 3.700 Kilometer vor der Küste Chiles liegt und das größte Meeresschutzgebiet Lateinamerikas beherbergt, befindet sich im so genannten Südpazifikwirbel, einem System kreisförmiger Strömungen, das sie direkt zwei großen, im Ozean zirkulierenden Massen von schwimmendem Plastik aussetzt. „Unsere Strände weisen eine 50-mal höhere Konzentration von Mikroplastik auf als die Strände des chilenischen Festlands“, beklagt Edmunds. Pedro, der seit zwei Jahrzehnten im Amt ist und miterlebt hat, wie im Laufe der Jahre „das Plastik die Insel gefressen hat“, rief im Juli letzten Jahres auf dem Hochrangigen Politischen Forum der Vereinten Nationen dazu auf, eine internationale Allianz zur Bekämpfung der Plastikverschmutzung in den Ozeanen zu gründen.

Ziel ist es, die polynesischen Staatsoberhäupter im Jahr 2024 auf Rapa Nui zusammenzubringen und die Länder der Pazifikregion aufzufordern, „keinen Plastikmüll mehr in die Flüsse zu werfen, da diese ihn in die Ozeane tragen und die Ozeane ihn wiederum zu uns bringen“. Nach Angaben der UN-Umweltorganisation gelangen jedes Jahr etwa 11 Millionen Tonnen Plastikmüll in die Ozeane, eine Zahl, die sich bis 2040 verdreifachen und die lokalen Ökosysteme zerstören könnte. Die Katholische Universität des Nordens fand heraus, dass zwischen 20 und 80 % der Fische und Vögel auf Rapa Nui Mikroplastik in ihren Mägen haben.

Gemeinschaftliche Strandsäuberungen

Während die internationale Allianz bestätigt wird, konzentriert sich Rapa Nui auf den täglichen Kampf gegen die Plastikplage mit wöchentlichen Strandsäuberungen, an denen die Stadtverwaltung, die Marine, Studenten und Freiwillige beteiligt sind. Uko Tongariki, der Tourismusdirektor der Insel, erklärte , dass während der zwei Jahre, in denen Rapa Nui wegen der Pandemie geschlossen war, die 8.000 Einwohner die Felsen nach Müll durchsuchten. Zwischen 2020 und 2022 sammelten sie 11 Tonnen Müll, und in diesem Jahr haben sie bereits 1.084 Kilo gesammelt. „Wir sind in der Tourismusbranche tätig und konnten zwei Jahre lang unsere Dienste nicht anbieten“, sagt Tongoraki.

Die Abfälle werden getrennt und zur Orito-Anlage am Rande von Hanga Roa, der Hauptstadt von Rapa Nui, geschickt, wo die Dosen und Kunststoffe gepresst und zu transportablen Ballen verarbeitet werden. Ein Verbündeter in diesem gemeinsamen Kampf ist die Fluggesellschaft Latam, die einzige auf der Insel tätige Fluggesellschaft, die vor kurzem eine Vereinbarung unterzeichnet hat, um die Menge der auf ihren Flügen mitgenommenen Abfälle zu erhöhen, die auf dem chilenischen Festland recycelt werden. „Unsere heutige Vereinbarung sieht vor, dass wir 300 Tonnen pro Jahr, also etwa eine Tonne Abfall pro Tag, auf das Festland zurückbringen“, erklärte der Geschäftsführer der Fluggesellschaft, Roberto Alvo, gegenüber EFE.

Die Gemeinde der Insel hat auch ein pandemisches Textilrecyclingprojekt ins Leben gerufen, bei dem sie Kleidung wiederverwendet – bis August wurden fast 9 Tonnen gesammelt – und an die Inselbewohner verteilt. „Entweder sie bezahlen uns für die Annahme des Mülls oder sie hören auf, ihn ins Meer zu werfen, aber wir müssen jetzt handeln“, sagt der Bürgermeister vor den majestätischen Moais am Strand von Anakena.

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  1. 1
    Reinhard Görbing

    Hallo, mit großem Interesse lese ich immer Ihre Newsletter. Auf der Osterinsel lebt auch eine gute Freundin.
    Im Dezember werde ich unter anderem auch wieder die Insel besuchen.
    Ich hoffe sehr, dass das Umweltproblem bald bewältigt wird.
    Freundliche Grüße
    Reinhard Görbing aus Leipzig 🙋

  2. 2
    Paddy7

    „keinen Plastikmüll mehr in die Flüsse zu werfen, da diese ihn in die Ozeane tragen und die Ozeane ihn wiederum zu uns bringen“

    Leider ist das eine falsche Annahme, dass der Plastik und Abfall vom Festland her kommen soll.
    Es ist leider so, dass es Tausende Schiffe, ja auch illegale asiatische Fischerboote, die kein Respekt von den geschützten Tierarten, noch von Meer selber haben. Es wird alles herausgefischt, was sie kriegen und zu allem Übel werfen sie ihren Müll dort ins Meer.
    Reifen und Fischernetzte verraten sie ja auch.

    Keines der Schiffe, die im Hafen ankommen, geben ihren Müll ab. Weil die Hafenbehörden das Gefühl haben, sie müssen Gebühren für den Müll erheben. Dann ist es auch kein Wunder, wenn keine Boot und keine Schiffe ihren Müll zurück bringen, sondern ihn im Meer in der Dunkelheit einfach über Bord werfen.

    Die einzige Lösung, die dieses Problem lösen würde, wäre eine kostenlose Abfallentgegennahme.
    Das muss natürlich an Land entsorgt und richtig organisiert werden.

    Leider gibt es kein einziges Land oder Hafen auf dieser Welt, das kostenlos Abfall entgegen nimmt.
    Selbst wenn man ein Rechen an jeden Fluss anbringen würde, der Müll wird mit den Schiffen heraus gebracht.Das muss erst einmal in die Köpfe der Behörden. Oder sie wissen es und suchen ein falschen Schuldigen, um dieses Problem nicht lösen zu müssen.
    Ich tippe auf Letztderes.

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