Geoinformatik: Mit Künstlicher Intelligenz gezielter Stechmücken bekämpfen

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Die Dengue-Krankheit breitet sich in der westlichen Hemisphäre in einem Ausmaß aus, wie es seit Beginn der Aufzeichnungen vor mehr als vier Jahrzehnten nicht mehr der Fall war (Foto: GovernoSaoPaulo)
Datum: 03. September 2024
Uhrzeit: 12:13 Uhr
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Autor: Redaktion
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Die Stechmücke Aedes aegypti ist weltweit für die Verbreitung von Infektionskrankheiten wie Dengue, Zika, Chikungunya und Gelbfieber verantwortlich. Um den millionenfach übertragenen Krankheiten entgegenwirken zu können, sind detaillierte Mückenverbreitungskarten mit Informationen zur räumlichen und zeitlichen Verteilung der Populationen von großer Bedeutung. Unter der Leitung von Geoinformatikern der Universität Heidelberg hat ein internationales Forschungsteam eine neue KI-unterstützte Methode zur Kartierung von Stechmückenpopulationen entwickelt. Dabei werden Satelliten- und Street-View-Bilder analysiert, um die Umweltbedingungen, die das Vorkommen von Aedes aegypti begünstigen, präziser zu bewerten. Dies soll zu einer besseren Planung von Interventionsmaßnahmen und einer gezielteren Krankheitsbekämpfung beitragen.

Die auch als Ägyptische Tigermücke bekannte Stechmücke Aedes aegypti tritt überwiegend in tropischen und subtropischen Regionen der Welt und in Lateinamerika auf – insbesondere in Städten, wo sie bevorzugt in künstlichen Wasserbehältern wie Trinkwassertanks, Autoreifen, Müll oder Pflanzentöpfen brütet. Da die globale Verfügbarkeit und Akzeptanz von Impfstoffen für die von ihr übertragenen Krankheiten mit Ausnahme von Gelbfieber noch begrenzt sind, bleibt die Kontrolle der Mückenpopulationen die derzeit effektivste Bekämpfungsmöglichkeit. Zu den zum Teil sehr kostenintensiven Maßnahmen der Vektorkontrolle gehört das Sprühen von Insektiziden, aber auch das Freilassen von Mücken, die mit dem natürlich vorkommenden Bakterium Wolbachia infiziert sind. Das Bakterium kann die Viren-Übertragung durch Aedes aegypti unterbinden und die Fortpflanzung der Tiere beeinflussen.

Eine Durchführung dieser Kontrollmaßnahmen erfordert urbane Mückenverbreitungskarten, vor allem in besonders betroffenen Großstädten wie Rio de Janeiro (Brasilien). „Präzise Karten sind nicht nur aus finanzieller Sicht interessant für eine effektive Planung von Bekämpfungsmaßnahmen, sondern auch ökologisch relevant, da einige dieser Interventionen wie das großflächige Sprühen von Insektiziden die Gefahr der Resistenzbildung bergen“, sagt Steffen Knoblauch, Doktorand am Geographischen Institut der Universität Heidelberg. Bislang basieren Mückenverbreitungskarten häufig auf den Feldmessungen einzelner Mückenfallen, mit denen manuell auf monatlicher Basis Eier- und Larvenzahlen erfasst werden. In großen Stadtgebieten müssten jedoch unzählige Fallen aufgestellt und viel Personal eingesetzt werden, um einen zuverlässigen Überblick über die Verbreitung der Mückenpopulation zu erhalten. Eine zusätzliche Herausforderung ist dabei die begrenzte Flugreichweite der Stechmücken, die ohne Windunterstützung etwa 1.000 Meter beträgt. Sie erschwert es, aus den Messwerten von Fallen Verbreitungskarten für große Stadtgebiete abzuleiten.

Um dieser Problematik zu begegnen, haben die Geoinformatiker der Universität Heidelberg einen neuen Ansatz zur Kartierung von Stechmückenpopulationen entwickelt. „Er knüpft daran an, dass die Dichte bekannter Brutstätten ein signifikanter Prädiktor für die in Mückenfallen gemessene Anzahl von Eiern und Larven sein kann, wie die Untersuchungen in Rio de Janeiro gezeigt haben“, erläutert Prof. Dr. Alexander Zipf, Leiter der Abteilung Geoinformatik/GIScience am Geographischen Institut sowie Direktor des Heidelberg Institute for Geoinformation Technology (HeiGIT). Mithilfe Künstlicher Intelligenz analysieren die Forscherinnen und Forscher daher Satelliten- und Street-View- Bilder, um mögliche Brutstätten in Städten zu erkennen und zu kartieren. In Kombination mit Feldmessungen ist es damit möglich, die Umweltbedingungen, die das Vorkommen von Aedes aegypti begünstigen, präziser als bislang zu bewerten.

Zusammen mit Wissenschaftlern aus Brasilien arbeitet das Team um Prof. Zipf derzeit zusätzlich an der Auswertung von Mobilfunkdaten, um die Bewegung von Menschen in Rio de Janeiro zu modellieren. Diese Daten können in Verbindung mit präzisen Mückenverbreitungskarten dazu beitragen, das Infektionsgeschehen der durch Aedes aegypti übertragenen Krankheiten besser nachzuvollziehen und dieses Wissen in Interventionskarten einzubinden. Eine Herausforderung ist dabei die Modellierung von menschlichen Bewegungsmustern zu unterschiedlichen Tageszeiten, da die Stechmücke bevorzugt in den frühen Morgen- und in den Abendstunden aktiv ist.

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