Cannabinoid: Vielversprechende Alternative gegen Schmerzen

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Eine Forschungsgruppe am Instituto de Biologia Roberto Alcantara Gomes (IBRAG) der Universidade do Estado do Rio de Janeiro (UERJ) untersucht das Potenzial von Cannabigerol (CBG), einer nicht psychoaktiven Verbindung, die in der Pflanze Cannabis sativa vorkommt (Foto: Kimzy Nanney/Unsplash)
Datum: 08. Juli 2025
Uhrzeit: 16:01 Uhr
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Autor: Redaktion
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Schmerz ist eine der universellsten menschlichen Erfahrungen und gleichzeitig eine der am schwierigsten zu behandelnden. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation leiden etwa 30 % der Weltbevölkerung unter chronischen Schmerzen. Trotz der Fortschritte in der Medizin warten viele Menschen noch immer auf wirksamere Medikamente gegen chronische Schmerzen – Medikamente, die spezifisch und sicher sind und keine Risiken einer Abhängigkeit und keine Nebenwirkungen wie herkömmliche Opioide mit sich bringen. Eine Forschungsgruppe am Instituto de Biologia Roberto Alcantara Gomes (IBRAG) der Universidade do Estado do Rio de Janeiro (UERJ) untersucht das Potenzial von Cannabigerol (CBG), einer nicht psychoaktiven Verbindung, die in der Pflanze Cannabis sativa vorkommt. In einem kürzlich veröffentlichten wissenschaftlichen Artikel wurde gezeigt, dass diese Substanz vielversprechende Wirkungen gegen verschiedene Arten von Schmerzen bei Nagetieren hat.

Ein noch wenig erforschtes Cannabinoid

In den letzten Jahren ist Cannabis sativa in Lateinamerika wieder in den Fokus der medizinischen Wissenschaft gerückt. Die Pflanze enthält Hunderte von bioaktiven Verbindungen, darunter Phytocannabinoide – Substanzen, die mit dem Endocannabinoidsystem unseres Körpers interagieren und Funktionen wie Schmerz, Schlaf, Appetit und Entzündungen regulieren. Die bekanntesten sind Tetrahydrocannabinol (THC), das für die psychoaktive Wirkung von Cannabis verantwortlich ist, und Cannabidiol (CBD), das für sein breites therapeutisches Potenzial bekannt ist. Weniger bekannt, aber vielversprechend ist Cannabigerol (CBG). CBG gilt als „chemischer Vorläufer” der anderen Cannabinoide und verursacht keine Bewusstseinsveränderungen oder ein „High”-Gefühl. Jüngste Studien haben gezeigt, dass es entzündungshemmende Eigenschaften aufweist und möglicherweise schmerzstillend wirkt, aber seine Wirkung bei der Schmerzbehandlung war bisher noch wenig erforscht.

Akute und chronische Schmerzen: unterschiedliche Herausforderungen

Um diese Lücke zu schließen, haben Forscher eine experimentelle Studie mit Nagetieren durchgeführt, die aufgrund von Sauerstoffmangel während der Schwangerschaft oder Geburt besonders schmerzempfindlich sind. Dieser Zustand, der als pränatale Hypoxie-Ischämie bezeichnet wird, kann die Schmerzempfindlichkeit lebenslang erhöhen und stellt eine große Herausforderung für den sicheren Einsatz von Schmerzmitteln dar. Sie haben drei Schmerzmodelle an diesen Tieren getestet und in allen Fällen die Wirkung einer oralen Verabreichung von CBG in einer Konzentration von 50 mg pro Kilogramm Körpergewicht bewertet. Die Ergebnisse waren vielversprechend. Im Heißplattentest setzten die Wissenschaftler die Mäuse auf eine auf 52 °C erhitzte Oberfläche. Diese Art von Schmerz wird vom Zentralnervensystem verarbeitet, d. h. es handelt sich nicht nur um einen peripheren Reflex. Der Reiz muss wahrgenommen, im Gehirn verarbeitet und in eine Verhaltensreaktion umgesetzt werden. Die mit CBG behandelten Tiere reagierten langsamer auf den Reiz, indem sie beispielsweise ihre Pfote leckten, sie schüttelten oder versuchten, von der heißen Platte zu springen, was auf eine zentrale schmerzstillende Wirkung hindeutet.

Ein weiteres verwendetes Modell war der Formalin-Test, der eine Art akuten Schmerz simuliert, der einem Ameisenbiss ähnelt, in den ersten 5 Minuten am stärksten ist und dann zu einem lokalen Entzündungsschmerz übergeht. Die beobachtete Reaktion lässt zwei Phasen unterscheiden: eine erste Phase, die durch die direkte Aktivierung der Sinnesnerven verursacht wird (neurogene Phase), und eine zweite, längere Phase, die mit einer Entzündung einhergeht. Die Behandlung mit CBG reduzierte die Schmerzen in beiden Phasen signifikant. Es wurde auch die Wirksamkeit der Verbindung in einem Modell chronischer neuropathischer Schmerzen untersucht, die durch Verletzungen der Nerven oder des Rückenmarks verursacht werden und nicht von einem äußeren physischen Reiz abhängen. Diese Art von Schmerzen hält in der Regel über Monate an und ist schwer zu kontrollieren. Sie tritt beispielsweise bei diabetischer Neuropathie oder postoperativen Schmerzen auf. Auch in diesem Modell war CBG wirksam: Es reduzierte die Schmerzempfindlichkeit nach etwa 10 Tagen kontinuierlicher Behandlung signifikant.

Linderung ohne motorische Beeinträchtigung

Bei der Untersuchung neuer Schmerzmittel ist es wichtig zu überprüfen, ob die getestete Substanz die Bewegungsfähigkeit beeinträchtigt, z. B. durch Sedierung, Muskelschwäche oder Bewegungseinschränkungen. Dazu wurde der Open-Field-Test verwendet, der die Fortbewegung der Tiere in einer kontrollierten Umgebung bewertet. Er misst, wie sich das Tier nach der Behandlung verhält. Die Ergebnisse zeigten, dass die mit CBG behandelten Ratten aktiv blieben und sich normal bewegten, ohne motorische Veränderungen. Dies ist ein wichtiger positiver Punkt für jedes Medikament zur Schmerzbekämpfung.

Hinweise darauf, was im Körper geschieht

Die Forscher haben molekulare Analysen durchgeführt, die gezeigt haben, dass CBG die Expression wichtiger Marker moduliert, die mit Schmerzen und Entzündungen in Verbindung stehen. Es wurde sogar festgestellt, dass diese bei Männchen und Weibchen unterschiedlich sind. Bei Männchen wurde beobachtet, dass CBG die Expression von TNF-α reduziert, einem Entzündungsmolekül, das mit der Verstärkung von Schmerzen in Verbindung gebracht wird. Bei Weibchen wirkte CBG auf das Protein Nav1.7, das in den Nerven vorhanden ist und direkt an der Weiterleitung von Schmerzsignalen an das Gehirn beteiligt ist. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass CBG über die reine Schmerzlinderung hinausgeht und auch in die biologischen Mechanismen eingreift, die dazu führen, dass Schmerzen länger anhalten und chronisch werden. Sie zeigen, wie wichtig es ist, biologische Unterschiede zwischen den Geschlechtern in zukünftigen Forschungen und Behandlungen zu berücksichtigen.

Zukünftige Wege

Die Arbeit, die vom Nationalen Rat für wissenschaftliche und technologische Entwicklung (CNPq) und der Stiftung Carlos Chagas Filho de Amparo à Pesquisa do Estado do Rio de Janeiro (FAPERJ) unterstützt wurde, trägt dazu bei, die Erkenntnisse über das medizinische Potenzial von Cannabis-Derivaten zur Schmerzbekämpfung voranzutreiben. Cannabigerol ist zwar noch wenig erforscht, hat sich jedoch als vielversprechender Kandidat für die Behandlung von Erkrankungen gezeigt, die mit einer erhöhten Schmerzempfindlichkeit einhergehen – ein unterschätztes Problem mit tiefgreifenden Auswirkungen auf die Gesundheit und Lebensqualität. Trotz der positiven Ergebnisse gibt es noch viel zu erforschen. Die Wirkungen von CBG wurden in Tiermodellen nachgewiesen, und es sind klinische Studien am Menschen erforderlich, um seine Wirksamkeit, Sicherheit, optimale Dosierung, Wirkmechanismen und die Auswirkungen verschiedener Verabreichungswege, wie topisch, oral und nasal, zu bestätigen.

Es ist auch wichtig, die beobachteten Unterschiede zwischen den Geschlechtern besser zu verstehen, die mit Hormonen wie Östrogen zusammenhängen können, das bekanntermaßen sowohl den Schmerz als auch die Reaktion auf Cannabinoide beeinflusst. In einem Umfeld, in dem Brasilien über die Regulierung von Cannabisprodukten diskutiert, ist es von entscheidender Bedeutung, dass politische Entscheidungen auf soliden wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Untersuchungen wie die unsere tragen dazu bei, die tatsächlichen Vorteile und Grenzen dieser Verbindungen aufzuklären und können neue therapeutische Möglichkeiten für Menschen eröffnen, die noch immer unter Schmerzen leiden, für die es keine Linderung gibt.

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