Eine alte Frage bleibt relevant: Warum hat sich die Sklaverei in den kolonialen Gesellschaften des Atlantiks ausgebreitet und gehalten? Warum hat sie trotz Alternativen und wirtschaftlicher Veränderungen Jahrzehnte lang Bestand gehabt? Die gängige Antwort ist einfach: Die Sklaverei hat sich gehalten, weil sie profitabel war. Aber hier stellt sich die wichtigere Frage: Profitabel für wen und durch welche Mechanismen? Ein Teil der Antwort geht über Zwangsarbeit hinaus. Die Sklaverei war ein System der Produktion und Zwangsausübung, fungierte aber auch als finanzielle Infrastruktur. Sklavenwirtschaften schufen die Möglichkeit, Menschen zu rechtlich anerkanntem Eigentum zu machen, eine besondere Art von Sicherheit. Diese Sicherheit erweiterte den Kredit und stützte Investitionen. In einer aktuellen Studie wurden Brasilien, die Vereinigten Staaten und die Kapkolonie, das heutige Südafrika, miteinander verglichen. Der Vergleich zeigt eine Regelmäßigkeit: In verschiedenen Kolonialwirtschaften wurden versklavte Menschen als Sicherheit für Kreditgeschäfte verwendet.
In den Vereinigten Staaten verpfändeten Farmer versklavte Menschen, um die territoriale Expansion und den Kauf von Ausrüstung zu finanzieren. In Louisiana und Virginia betrafen mehr als 40 % der Hypotheken nach der Unabhängigkeit menschliche Sicherheiten. In der Kapkolonie stammt die erste Aufzeichnung aus dem Jahr 1731: Ein Landwirt verpfändete versklavte Menschen bei der Niederländisch-Reformierten Kirche. Die Praxis verbreitete sich: Im 19. Jahrhundert waren versklavte Menschen das wichtigste hypothekenfähige Vermögen der Kolonie.
Menschen hatten einen höheren Wert als alle anderen Vermögenswerte
In Brasilien zeigt sich dieser Mechanismus deutlich aufgrund der geringen Liquidität. Im Nordosten war landwirtschaftliche Fläche etwa ein Zehntel des Preises eines Sklaven wert. Menschen hatten einen höheren Wert als alle anderen Vermögenswerte und wurden daher zur Grundlage für Sicherheiten. Aber Wert allein reicht nicht aus. Für den Gläubiger ist es entscheidend, die Sicherheit einziehen und verkaufen zu können. Frühere Vorschriften erschwerten es, versklavte Menschen von den Farmen, auf denen sie lebten, zu trennen. Dies schwächte die Sicherheit und schränkte die Kreditvergabe ein. Der Wendepunkt liegt in einer Gesetzesänderung. Im Jahr 1864 veränderten Reformen des Hypothekengesetzes diese Situation. Die neuen Gesetze erleichterten Verwertungen, bei denen versklavte Menschen als Sicherheit dienten. In der Praxis erleichterte das Gesetz die Umwandlung von Sicherheiten in Verkäufe. Im Wesentlichen stärkte es die rechtliche Möglichkeit, Menschen zu verlegen und zu verkaufen, um finanzielle Verpflichtungen zu erfüllen.
Die Banco do Brasil akzeptierte versklavte Menschen als Teil der Sicherheit
Wenn die Vollstreckung einfacher wird, wird der Mechanismus formalisiert. Im Jahr 1866 schuf die Banco do Brasil in Übereinstimmung mit der Regierung die erste formelle Struktur des Landes für besicherte Kredite. Die Bank akzeptierte versklavte Menschen als Teil dieser Sicherheit und wandelte 25.000 Contos (25 Milliarden Reais) bestehender Schulden in durch Sklaven besicherte Kredite um. Von da an war diese Verwendung von Menschen als Sicherheit nicht mehr nur eine vereinzelte Praxis, sondern wurde Teil groß angelegter Finanzgeschäfte. Regionale Aufzeichnungen untermauern diese zentrale Rolle. In Campinas beliefen sich die Hypothekenwerte von 1865 bis 1869 auf über 2,2 Milliarden Réais, und bei den ländlichen Hypotheken waren versklavte Menschen die zentrale Sicherheit. Diese Logik zeigt sich auch in den Verträgen. Im Jahr 1866 nahm Francisco Vilela eine halbe Milliarde Réais von einem Kommissar auf. Als Sicherheit bot er seine Farm, seine Kaffeeplantage und 250 Sklaven an. In der Praxis bedeutete dies, Menschen zu listen, zu bewerten und mit Schulden zu belasten.
Der atlantische Vergleich ist für die theoretische Reichweite entscheidend, weil er die Frage nach der Persistenz des Sklaverei-Regimes neu positioniert. Wenn die Sklaverei so lange Bestand hatte, weil sie rentabel war, dann trugen sowohl die Ausbeutung der Arbeitskraft als auch die finanzielle Ausbeutung dazu bei. Der gemeinsame Nenner ist nicht die Gewalt an sich, sondern die Umwandlung von Menschen in verkäufliche Sicherheiten. Andere Zwangssysteme waren gewalttätig, verwandelten Menschen jedoch nicht in mobilisierbare Finanzanlagen. Dieser Unterschied stützt den Vorschlag, die Sklaverei auch als System von Eigentumsrechten und nicht nur als Arbeitsvereinbarung neu zu konzipieren. Die heutige Relevanz liegt darin, anzuerkennen, dass sich ein Teil der Kreditarchitektur in Brasilien konsolidierte, als die Banco do Brasil versklavte Menschen als Sicherheit akzeptierte und der Staat dazu beitrug, diese Sicherheit leichter zu liquidieren. Das war kein nebensächliches Detail. Es war eine Möglichkeit, zu definieren, was in liquides Vermögen umgewandelt werden konnte, wer Zugang zu Krediten in großem Umfang hatte und welche Arten von Eigentum als sicher galten.
Diese Regelung ermöglichte es, Schulden mit dem Körper anderer Menschen zu begleichen
Die Betrachtung der Sklaverei als Sicherheit bei Kreditgeschäften verändert die Sichtweise auf die Gewalt des Systems selbst. Es handelte sich nicht nur um täglich ausgebeutete Arbeit. Es war auch eine Regelung, bei der die Schulden einer Person mit dem Körper einer anderen Person beglichen werden konnten. Die Konsequenz ist klar: Kredite wurden nicht nur durch Sklaverei finanziert. Sie wurden durch die legale Möglichkeit garantiert, Menschen von ihren Farmen zu trennen, sie zu vertreiben und zu verkaufen, um die von Dritten eingegangenen Verpflichtungen zu begleichen. Diese finanzielle Dimension erklärt die Beständigkeit des Systems. Sklaverei war nicht nur Zwangsarbeit. Sie war auch die Grundlage der Kreditsysteme im Atlantikraum.







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