Die launische Impasse Bossier Prolongé fällt nach ein paar Kapriolen über Eggen und Krächen zum letzten Mal steil ab zum Ende für CO2-Schleudern, was dem Grün der Umgebung nur wohl bekommt. Hier ist das Kunststück Parkieren und Wenden angesagt, aber hie und da ist einer der Wendeakrobaten statt am Wunschparkplatz unten in der Schlucht gelandet, wo eine weiche Landung ein Wunder wäre.
Eigentlich war das ein quer einmündender Krachen, ein tiefer Erosionsgraben. Für Zeiten der Wasserführung wurde eine Röhre verlegt und das Tal aufgeschüttet, sodass oben eine kleine Ebene entstand die rasch verbaut wurde. Links der einzige Warenladen weit und breit, rechts die Schule mit ein paar hundert Kindern, die schon ihre Schuhe verkaufen und barfuß kommen mussten, um das Schulgeld zu bezahlen. Wegen des hier unterirdisch geführten Wildbaches nennt man den Punkt schlicht „Brücke“.
Manchmal an Autoleichen vorbei keucht’s zu Fuss aufwärts, und wer was übrig hat, der leistet sich ein Moto-Taxi, so wie gelegentlich ich, damit ich mehr zu erzählen habe. Das ist nicht ganz billig, aber beileibe abenteuerlich, die Fahrer tragen neustens eine rote Arbeitsjacke mit Kontrollnummer und einen Helm, der Passagier bekommt natürlich keinen. Die rigorose Motorradkontrolle wurde nötig, weil mit diesen Vehikeln jede Art Verbrechen passierten, von Entreissdiebstählen bis zu Entführungen und Morden.
Auf halber Höhe ist auch für Motorräder fertig, und die Akrobatik besteht jetzt darin (wenigstens für mich), vom Töff (sd. für „Motorrad“) herunterzuklettern. Da man den Vorteil von allem sehen muss: das hält fit und beweglich. Natürlich hat sich die Jugend aus dem weiten Umfeld eingestellt, alarmiert durch den Motorlärm, und ergötzt sich ob des Schauspiels. „Gade, yon Blanc !“ (seht nur, der Weiße!) schreien sie wie aus einer Kehle, und ich muss mich nach rechts in die Büsche schlagen. Den folgenden Fußweg steil ab würde ich im Dunkeln nicht mehr riskieren, aber in ein paar Minuten bin ich am Ziel.
Für Sie, liebe Leser, mache ich heute eine Ausnahme und wandere weiter. Menschenleer wie eine Geisterautobahn wirkt die gepflasterte, saubergewaschene Fahrbahn mit vierzig und mehr Prozent Steigung, die kaum mehr von den Quads und SUV’s, neudeutsch „Sport Utility Vehicles“, der Allerreichsten bewältigt werden kann, die noch da oben wohnen. Und die wollen nicht gestört sein. Ich muss zwar sagen, Geschmack haben sie, die Auserwählten, denn Pflanzenwelt, Aussicht und Klima sind paradiesisch, hier oben. Den Lärm der Brummermotoren gibt es nicht mehr, den der Délcos – wie die Stromgeneratoren hier heißen – auch nicht, denn die leisten sich hier „Systems“, so nennt man schalldichte Stromerzeuer. Hier gibt’s auch kein Abfallproblem, und Vögel jubilieren Tag und Nacht. So könnte es sein!
In der Pfadi war dies noch Spiel – so nennen Schweizer die Pfadfinder – jetzt gilt es Ernst. Kaum zu glauben, dass dies vor wenig Jahren noch eine Jeeppiste war. Die gefürchteten Güsse der Schwarzen Berge haben sie so zugerichtet, dass sie selbst für Fußgänger eine Zumutung wurde. Da oben gibt es eben noch keine Supervillen. Aber auf der einzig ebenen Stelle wohnen wieder Erdbebenopfer in blauen Zelten. Auch Camping ist hier nicht mehr ein lustiges Spiel, wie früher bei den Pfadern, sondern bitterer Ernst.
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