In Haiti wird die Lage der Obdachlosen immer dramatischer. Man ist machtlos. Die Situation der Opfer verschlimmert sich von Tag zu Tag, und der Staat tut nichts, hüllt sich in Schweigen, ist nur für die „Wahlen“ da, und ist noch erstaunt, dass so viele nicht gehen werden, Gegen 1,5 Millionen Menschen leben unter erbärmlichen Umständen zusammengepfercht unter den Tüchern, allein in der Hauptstadt. Die drei Verantwortlichen für die Lager (kreolisch Fekok) sitzen zusammen und können nichts als immer wieder dieselben Missstände in die Welt hinausschreien.
Inmitten des Schreckensklimas das Wahltheater, wie wenn das wichtiger wäre als das Überleben. „Unser Hauptziel ist es, das alle Haitianer gratis Papiere erhalten, mit denen sie ihre Identität beweisen können“, scherzt die „Regierung“ beinahe makaber. „Haiti wird am 28.November bereit sein für die Wahlen“, albert Préval in die Fernsehkamera. Wyclef Jean, der fast alle hinter sich hat, vor allem alle Jungen, und der mit seiner Organisation alles geleistet, was die Regierung versäumt hatte. Diese „Regierung“, die sich noch erstaunt zeigt, dass niemand an die Wahlen gehen wird.
Ducière Sacré-Cœur Dambleu ist Lehrer an der Sainte-Alphonse-Schule und Koordinator eines Flüchtlingslagers. Er erzählt, wie sich die Opfer organisiert haben, um draußen in der Welt gehört zu werden. Um die Leiden der Lagerinsassen zu kennen, muss man dort eine Zeitlang gelebt haben. Er hat mit seiner Gruppe zuerst die von der NGO vergessenen Lager besucht. Es sind dies 58 Lager mit 22’939 Familien oder 114’695 Personen. Die Zelte sind zerfetzt und unbrauchbar, Nahrungs- und Wassernachschub haben ausgesetzt, die Kinder sind krank und ohne jede Pflege, die Gelände beim geringsten Regen verschlammt und überschwemmt, es gibt keine Arbeit und Beschäftigung. Aus den Befragungen schreien dieselben Klagen. Diebstähle grassieren, besonders nachts, wo Elektrizität und Beleuchtung fehlen. In Delmas 75 und andernorts werden die Camper zurzeit von den Kräften der Landbesitzer vertrieben, viele sind untergetaucht, man weiß nicht wohin.
Die Situation der Frauen und Mädchen ist dramatisch, Vergewaltigungen sind alltäglich, in der Nacht geht niemand mehr zu den Toiletten. Gemäß Ismarthe Laurore werden viele zur Prostitution gezwungen, um Rationierungskarten zu erhalten, ohne die keine Lebensmittel erhältlich sind. Neun Monate nach dem Goudou-Goudou, wie hier das Erdbeben lautmalerisch „onomatopoetisch“ genannt wird, haben sich die NGO’s und andere Hilfswerke meist verzogen. „Im Lager Terrain Oscar und unten in Delmas gibt es keinen Trinkwassernachschub mehr, und die Hilfsorganisation Concern Worldwide hat ihr Personal für die sanitären Reinigungen von einst elf auf nur noch drei Personen reduziert, klagt James Pierre-Louis. Von diesen Verhältnissen profitieren die kriminellen Banden, die in den Flüchtlingslagern wieder mehr und mehr ihr Unwesen treiben.
Die Obdachlosen begreifen nichts mehr, erfahren nichts mehr. Niemand erklärt ihnen, was passiert ist, warum so viele Helfer und Hilfen verschwunden sind, was sie tun sollen, und was aus ihnen werden wird. Der plötzliche Abzug der NGO’s und der internationalen Organisationen ist ein Alptraum. Man muss ihnen allen täglich dasselbe erklären.
Das Geld ist im Land , war es schon immer , allerdings gibt es dort einige wenige die es sich unter die Matraze geschoben haben , wie es schon immer in Haiti Gang und Gebe war. Scheint ja wohl auch niemanden gross zu interessieren …