Mitten in den Weihnachtsvorbereitungen brach mein Mann eines Morgens plötzlich im Garten bewusstlos zusammen. Es war schrecklich! Er erlitt einen epileptischen Anfall. Da ich ja erst kurze Zeit hier war, wusste ich noch nicht einmal die Telefonnummer eines Arztes oder der Ambulanz. Also rief ich voller Panik einen Nachbarn um Hilfe, der gerade vor seinem Haus auf der Treppe saß. Da Joe nicht aus der Bewusstlosigkeit aufwachte, alarmierte dieser den Notarzt. Man brachte ihn im Krankenwagen mit Blaulicht und Sirene in das Government-Hospital.
Da auf Tobago Linksverkehr herrscht, hatte ich es bis dahin vermieden unser Auto selbst zu steuern. Obwohl ich das Linksfahren nicht beherrschte und auch nicht wusste, wo genau dieses Hospital lag, raste ich mit quietschenden Reifen auf der kurvenreichen Küstenstraße panisch dem Ambulanzwagen hinterher. Im Krankenhaus wurde Joe sofort behandelt und erlangte so langsam das Bewusstsein wieder. Nach einigen Untersuchungen erfuhr ich, dass er zwar über dem Berg war, jedoch ein paar Tage dort bleiben musste.
Na toll, dachte ich! Zu der ganzen Sorge um meinen Mann kam nun noch hinzu, dass ich nun mit allem alleine fertig werden musste. Joe würde gerade rechtzeitig zu Weihnachten wieder nach Hause kommen. Bis dahin hatte der Zaun bereits fertig zu sein, denn die Pferde würden ja eintreffen. Also schuftete ich eben für Zwei, meist bis spät am Abend, und fuhr dazwischen noch täglich den weiten Weg zum Krankenhaus, um meinen Mann zu besuchen.
Ich brachte ihm meist etwas Selbstgekochtes mit, denn die Krankenhauskost trug nicht dazu bei, gesund zu werden. Morgens schon Linsen mit Bohnen zu essen war nicht Jedermanns Sache. Auch die sonstigen Zustände waren erschreckend. In dem Krankenzimmer lagen 14 Männer. Als einer nach einer Operation starb, stand das Bett mit dem abgedeckten Leichnam noch Stunden später im Zimmer. Ein paar mal nahm ich irgendwelche Nachbarn, die meinen Mann besuchen wollten, mit zum Krankenhaus. Was sie ihm ans Krankenbett brachten kam uns schon etwas ungewöhnlich vor. So schenkte ihm einer eine grüne Kokosnuss. Wenn er die austrinke, würde er schnell gesund werden, beteuerte ihm dieser. Doch um die Kokosnuss zu öffnen hätte er seine Machete benötigt. Die hatte er leider im Krankenhaus nicht dabei.
So lange mein Mann im Krankenhaus lag war ich in unserem Haus auf dem riesigen Grundstück mutterseelenallein. Jedoch selbst bei Nacht kam ich nicht auf die Idee, mir Gedanken um meine Sicherheit zu machen. Wenn ich am Abend total erschöpft in mein Bett sank, schlief ich jedes Mal augenblicklich ein.
Kurz vor Weihnachten, am Entlassungstag meines Mannes, war es dann so weit, ich durfte unsere beiden Kätzchen von der Quarantänestation in Trinidad abholen. Bevor mir sie ausgehändigt wurden, musste ich allerdings erst einen beträchtlichen Betrag bezahlen, der nicht vereinbart gewesen war. Aber was blieb mir anderes übrig, wenn ich meine Katzen haben wollte? Ich fragte mich, ob mir das auch passiert wäre, wenn ich eine Einheimische gewesen wäre?
Wieder zurück auf Tobago fuhr ich vom Flughafen direkt zum Krankenhaus, um meinen Mann abzuholen. Zu Hause brachten wir unsere beiden Katzen, die einen ziemlich verstörten Eindruck machten erst mal ins Haus, und schlossen die Türen, damit sie nicht nach draußen in den Busch rennen konnten. Wir hofften, dass sie sich bald wieder beruhigen würden, und wir sie dann so langsam an ihre Umgebung gewöhnen konnten. Doch wir hatten den Plan ohne unsere Katzen gemacht. Die Türen und Fenster hielten wir zwar verschlossen, doch an die Schlitze zur Luftzirkulation hatten wir nicht gedacht. Diesen Spalt nutzten die Beiden als Fluchtweg, und machten sich gleich in der ersten Nacht auf die Pirsch. Während Minou, die kräftigere, diese Abenteuer sichtlich genoss, war Krümele, die kleinere, total verunsichert, verstört und ängstlich. Außerdem erschien sie nur ganz unregelmäßig, was gar nicht ihre Art war, so dass wir ständig Angst um sie hatten. Denn oft hörten wir im Busch Wildhunde kläffen, die natürlich wenn sie Hunger hatten auch ein kleines Kätzchen jagen und töten würden. Außerdem vermutete ich, dass auch manche der Nachbarn keine Skrupel haben würden, eine Katze zu töten, um sie in den Kochtopf zu stecken. Tiere hatten für sie nur den Stellenwert einer Sache, nicht eines Lebewesens oder gar eines Freundes.
Ihre Machete bedeutete für sie mit Sicherheit mehr Wert als ihr Hund.
Eine interessante Geschichte die gut zeigt mit welchen unerwarteten Schwierigkeiten Auswanderer rechnen müssen. Wie habt Ihr denn die Krankenhausrechnung geregelt? Das kann ja schnell SEHR teuer werden.
Ich habe vor einiger Zeit ein Interview zum Thema „Krankenversicherung für Auswanderer“ gefilmt. Schau doch mal hier: http://www.auswandern.de
Über eine Verlinkung würde ich mich freuen.
Liebe Grüsse aus Zypern, Christoph