Der paraguayische Präsident Fernando Armindo Lugo Méndez befindet sich auf Staatsbesuch in Deutschland. Nachdem er am gestrigen Donnerstag (19.) bei seinem Besuch des Landes Baden-Württemberg von Ministerpräsident Winfried Kretschmann empfangen wurde, reiste er nach Berlin und traf sich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Pressestatements von Bundeskanzlerin Merkel und dem Präsidenten der Republik Paraguay, Fernando Armindo Lugo Méndez
BK’IN DR. MERKEL: Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr, dass der Staatspräsident von Paraguay, Herr Fernando Lugo, heute bei uns zu Gast ist. Wir sind uns das erste Mal in Lima im Jahre 2008 bei dem EU-Lateinamerika-Gipfel begegnet. Wir verfolgen die Entwicklung in Paraguay aus der deutschen Perspektive natürlich sehr genau.
Ich möchte noch einmal zu 200 Jahren Unabhängigkeit gratulieren, die jüngst in Paraguay begangen wurden. Deutschland kann darauf verweisen, dass es bereits seit 150 Jahre einen Freundschaftsvertrag zwischen Deutschland und Paraguay gibt, also wir sehr lange sehr gute Beziehungen haben, die heute auch sehr freundschaftlich sind.
Wir haben in unserem heutigen Gespräch über die Probleme und die Situation in Paraguay gesprochen. Der Präsident hat noch einmal deutlich gemacht, dass es eine Vielzahl guter wirtschaftlicher Entwicklungen gibt, aber dass natürlich auch noch vieles zu tun bleibt. Deutschland möchte dabei natürlich auch hilfreich sein. Ich glaube, dass wir unsere wirtschaftliche Zusammenarbeit noch verstärken können. Paraguay ist ein sehr erfolgreiches Land, gerade wenn es um landwirtschaftliche Produkte geht. Wir können allerdings – das tun wir heute auch im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit – viele notwendige Projekte voranbringen, die von allergrößter Bedeutung für die soziale Gerechtigkeit in Paraguay sind. Dazu zählt eine Landreform. Dazu zählen Projekte der Verwaltung. Dazu zählt die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Raiffeisenverband, der dort an der Gründung einer Genossenschaftsbank mitwirkt. Dazu zählt auch die Erkundung von Rohstoffen. Das ist also ein breites Spektrum. Insofern werden wir, auch wenn das unter veränderten Voraussetzungen stattfinden wird, die Entwicklungszusammenarbeit auch jenseits des Jahres 2012 intensiv miteinander fortsetzen, um die wichtigen Projekte, die für Paraguays Entwicklung entscheidend sind, voranzubringen.
Ich möchte Ihnen, Herr Präsident, noch einmal ganz herzlich dafür danken, dass Sie heute bei uns zu Gast sind und damit einen neuen Meilenstein in den deutsch-paraguayischen Beziehungen setzen. Sie werden hier eine Vielzahl von Treffen abhalten, die sicherlich der Intensivierung unserer Zusammenarbeit dienen. Wir möchten, dass Paraguay einen erfolgreichen Weg nimmt.
Wir schätzen auch die Arbeit von Paraguay als Vorsitzland des Mercosur. Mercosur und die EU können und müssen noch enger miteinander zusammenarbeiten, und auch über diesen Pfad und diesen Weg haben wir miteinander gesprochen. Noch einmal herzlich willkommen!
P LUGO: Vielen Dank! Wir möchten Ihnen gerne die Grüße unseres Volkes und unserer Regierung an das deutsche Volk und an die deutsche Regierung übermitteln.
Wie Sie bereits gesagt haben: Es gibt seit 150 Jahren Beziehungen und eine Zusammenarbeit unserer beiden Länder. Die wirtschaftliche Entwicklung und das Wachstum unseres Landes – das habe ich bereits gesagt – haben wir dank interner Arbeit erreicht, aber auch – das müssen wir anerkennen – dank der internationalen Zusammenarbeit, in deren Rahmen die GTZ eine wirklich herausragende Rolle gespielt hat, vor allem durch die Hilfe bei der Wiedererlangung des Bodens für die Bauern. Wir haben deswegen und auch dank eines günstigen Jahres, was das Wetter anbelangt, 2010 eine wirklich herausragende Position erreichen können, und hoffen, dass dies in diesem Jahr ebenfalls so sein wird.
Wir haben über zahlreiche Themen der bilateralen Agenda gesprochen. Wir hoffen, dass wir durch diesen Besuch – den ersten Besuch, den ich in meiner dreijährigen Regierungszeit absolviert habe – unsere Beziehungen weiter vertiefen können, vor allem im Bereich der Technik, der Technologie und der Wissenschaft. Denn hierbei brauchen wir in Paraguay wirklich Hilfe.
Das Klima der Verhandlungen ist wirklich sehr günstig. Sehr viele Menschen und sehr viele Länder haben den Blick auf Paraguay gerichtet, weil ein Land, das so klein ist, das kein Gold, keine Diamanten, kein Silber und kein Erdöl hat, trotzdem (ein Wirtschaftswachstum in Höhe von) 15,3 Prozent erreichen und damit hinter Katar und vor Singapur liegen konnte. Wir haben das dank der Arbeit der Regierung und dank der Arbeit der Unternehmen erreicht. Wir denken, dass wir in dieser Atmosphäre auch weiterhin Erfolg haben können. Wir sind deshalb der internationalen Gemeinschaft für die geleistete Unterstützung auch sehr dankbar.
Wir haben jetzt die temporäre Präsidentschaft im Mercosur inne. Auch in diesem Rahmen führen wir Verhandlungen mit der Europäischen Union und hoffen, dass wir diese Verhandlungen so bald wie möglich zu einem guten Ende werden führen können. Wir denken, dass das Abkommen zwischen der Europäischen Union und Mercosur von großer Bedeutung ist, und wir hoffen, dass wir die Meinungsverschiedenheiten überwinden und zu einem Konsens kommen können, der beiden Regionen zugutekommt.
Auch die Demokratisierung schreitet voran, auch wenn wir die Augen nicht vor den Problemen verschließen. Es ist wichtig, dass wir die Augen vor keiner Schwierigkeit verschließen. Wir haben das Problem der Armut, der Unsicherheit, der Korruption. Wir haben organisiertes Verbrechen und Drogenhandel. Wir wissen, dass all diese Probleme existieren. Aber wir haben eine sehr starke Regierung, eine gute Regierung, und wir haben uns den Herausforderungen gestellt. Wir denken, dass das, was über so viele Jahre vernachlässigt wurde, jetzt ernsthaft angegangen wurde, auch hinsichtlich der Beziehungen zu anderen Ländern.
Wir befinden uns jetzt auch in einer guten Beziehung zu unseren Nachbarn, von Gleich zu Gleich. Obwohl wir klein sind, sind wir nicht irgendein Land. Wir haben viel zu bieten, und wir sind sehr offen. Wir haben zwar keinen Zugang zum Meer, doch wir haben eine sehr starke Produktion, vor allem von Lebensmitteln. Ich denke, dass das ein wichtiger Beitrag ist, den wir für die Welt leisten können. Vielen Dank!
Frage JESSEN: Frau Bundeskanzlerin, hat auch die Frage der IWF-Besetzung eine Rolle gespielt? Dabei müssen Europa und Südamerika nicht unbedingt einer Meinung sein. Würden Sie persönlich Frau Lagarde als eine geeignete Kandidaten ansehen, um den europäischen Anspruch erfolgreich durchzusetzen?
BK’IN DR. MERKEL: Wir haben heute gar nicht darüber gesprochen, sondern wir haben uns jetzt wirklich auf die anstehenden, herausragenden Probleme unserer beiden Länder konzentriert. Ich kann noch einmal sagen, dass ich glaube, dass es gute Gründe dafür gibt, dass der IWF-Posten auch nach dem vorzeitigen Rücktritt von Herrn Strauss-Kahn wieder durch eine Persönlichkeit aus Europa besetzt wird.
Ich kann mich auch heute nicht zu Namen äußern, aber ich darf Ihnen sagen, dass es natürlich Gespräche gibt. Ich darf Ihnen auch sagen, dass ich unter den genannten Namen, die alle eine hohe Reputation haben, auch die französische Finanzministerin ausgesprochen schätze. Das ist aber nicht erst seit gestern bekannt. Das ist auch keine Bekanntgabe der Kandidatur, es ist nur eine generelle Bemerkung.
Frage THURAU: Frau Bundeskanzlerin, mich würde interessieren, wie Sie die gestrige Rede des amerikanischen Präsidenten mit dem Thema der Umbrüche in der arabischen Welt wahrgenommen haben. Wie war Ihre Reaktion darauf?
BK’IN DR. MERKEL: Ich glaube, dass dies eine sehr wichtige Rede des amerikanischen Präsidenten im Vorfeld des G8-Gipfels war. Dabei wird auch das Thema der Entwicklungen im arabischen Raum einen zentralen Raum einnehmen. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben eine sehr starke Verpflichtung abgegeben, den Prozess des Fortschritts und der Demokratisierung in diesen Ländern zu unterstützen. Deutschland und die europäischen G8-Mitglieder werden dies auch tun. Wir werden uns damit gerade auch beim G8-Gipfel auseinandersetzen und das auch miteinander koordinieren.
Zweitens war dies auch eine sehr wichtige Botschaft in Richtung des Nahost–Friedensprozesses. Ich bin der Meinung, dass der Friedensprozess im Nahen Osten und die Entwicklung im arabischen Raum auf das Engste miteinander verbunden sind. Deshalb unterstütze ich sehr, dass der Präsident gesagt hat, dass jetzt erst einmal über Fragen von Sicherheit und Grenzen gesprochen werden sollte. Die Dinge liegen auf dem Tisch. Ich glaube, dass der Vorschlag, die 67er-Grenzen zu nehmen und Gebietsaustausche ins Auge zu fassen – also nicht daran festzuhalten, aber Gebietsaustausche ins Auge zu fassen -, ein guter und gangbarer Weg wäre, den beide Seiten erwägen sollten.
Ich unterstütze auch das, was der Präsident bezüglich einseitiger Maßnahmen egal von welcher Seite gesagt hat: Weder der Siedlungsbau noch eine einseitige Anerkennung eines palästinensischen Staates bringen den Nahost-Friedensprozess wirklich voran, sondern wir brauchen gemeinsame Dinge zum Erreichen einer Zwei-Staaten-Lösung, eines jüdischen Staates Israel und eines palästinensischen Staates.
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