Landet man also in einem solchen Stau, empfiehlt es sich, so haben wir gelernt, spätestens mit Einbruch der Dunkelheit seine Vermieter, Familie oder die Nachbarn in Kenntnis zu setzen und um ein unterstützendes Gebet zu bitten. Das funktioniert blendend, und bisher sind wir immer gesund und munter zu Hause angekommen – man muss halt wissen wie.
Die Schüsse allein lassen in Port-a-Prince also noch niemanden schlecht schlafen, hier Berichtende ausgenommen. Auch wir schießen von Zeit zu Zeit einige Salven als Gruß und Warnung an vermeintlich nahende Verbrecher in die Nacht. Schlagen allerdings nachts die Hunde an (und sind nicht gerade taub und blind wie unser alter Black – der gute alte Wachhund), dann ist erhöhte Vorsicht geboten, auch das haben uns die eindringlichen Warnungen unserer Gastgeber gelehrt.
Seit unserer Ankunft hören wir allabendlich sämtliche Hunde fröhlich bellen, gelegentlich einvernehmlich heulen und dann wieder bellen – und zwar bis zum Morgengrauen. Wie der Durchschnittshaitianer, ich rechne mich mittlerweile halbwegs dazu, die feine Nuance zum sogenannten Anschlagen aufgrund der Präsenz eines Diebes erkennen soll, ist und bleibt uns schleierhaft. Eines der vielen vielen Mysterien in diesem von Wundern und Tragödien reich gesegneten Land.
Die Bewohner in unserem Viertel fühlen sich sicher. Nach allem, was wir bisher von Einheimischen und auch aus Presseberichten gelernt haben, sind wir verwundert. Die Erklärung, die uns unsere Gastgeber liefern, ist dann doch sehr einfach und nachvollziehbar: die Straßen sind hier derart schlecht, dass eine Flucht mit dem Auto schier unmöglich ist.
Nicht frei erfunden, aber stellenweise masslos uebertrieben. Sofern man die „No-Go-Areas“ meidet kann man sich sicher auch Nachts in P a P bewegen. Schade, dass mal wieder negative Vorurteile angefuettert werden. Im uebrigen ist die „Homicide Rate“ in der Dom. Rep. hoeher als in Haiti.
Das ist natürlich richtig, so lange ich in einem sicheren großen Geländewagen der Hilfsorganisationen umherfahre, womöglich noch mit haitianischer, gar bewaffneter, Begleitung, die weiß wo die Nogo Areas liegen. Für den Haiti-Normalo – in Port-au-Prince – kommt ein Ausgehen in der Nacht nicht in Frage. Ausnahme ist selbstverständlich Petionville und Teile von Delmas, wo die reichen Haitianer wohnen und wo die Mitarbeiter der Hilfsorganisationen in erster Linie untergebracht sind – für teure Mieten. Hier gibt es auch sehr gute Restaurants jeder Preisklasse, inklusive Pizzeria oder 5 Sterne, wir lieben zB das Papaye.