Wenn man heute nach Kuba reist, wird man von den Immigrationsbeamten am Flughafen mit dem Vornamen angesprochen. Ich gehe davon aus, dass dies aufgrund einer Direktive so gehandhabt wird, vermittelt aber nichtsdestotrotz das Gefühl, willkommen zu sein. Und war es bis vor noch gar nicht allzu langer Zeit so, dass Individualtouristen eher schief angesehen wurden als Pauschaltouristen, die einmal vom Flughafen zum Hotel, und einmal vom Hotel zum Flughafen fahren, so hat sich auch das in den letzten Monaten geändert. Zumindest die wenigen Kontakte, die man als Tourist mit dem “offiziellen” Kuba hat, gestalten sich leichtfüßig, kurz und angenehm.
Wer nach Kuba reist, weiß – dass unterstelle ich einfach – in welches Land er reist, welche Geschichte dieses Land hat. Für mich ist die Trennung von Politik und Alltagsleben etwas zwiespältig und nicht immer leicht einzuhalten. Obwohl ich mich für einen sehr unpolitischen Menschen halte und immer versuche, ein Land in erster Linie durch die Menschen zu erfahren, die dort leben, muss ich einräumen, dass gerade auf Kuba der Alltag der Menschen durch die Politik, beziehungsweise durch die Mängel der Politik geformt wird.
Meine Freunde und ich, wir bewegen uns sehr gerne abseits der Touristenströme. Nicht, weil wir Touristen nicht mögen, sondern weil wir die geschminkten und gehübschten Fassaden der potemkinschen Dörfer nicht leiden können, die an den Touristenrouten aus dem Boden gestampft werden, und eine weichgespülte Version der landestypischen Eigenheiten präsentiert. Ich erkenne diese verkaufsfördernde Mentalität vor allem in der Musik. Seit jeher bin ich ein Freund und Verteidiger der urwüchsigen, landestypischen und manchmal auch sperrigen Musik, egal welcher Nation und Kultur. Ich mag kubanische Musik, wenn sie von Kubanern für Kubaner gespielt wird und ich mag den Tanz, wenn die Erotik in den Bewegungen kein Showeffekt ist, sondern integraler Bestandteil. Die Latin-Music-Compilations von Putumayo beispielsweise extrahieren das leicht Zugängliche aus Rumba, Salsa und Son und vermixt es zu einem für nichtkubanische Ohren angenehmen Kaufhausgesäusel. Die Zivilisierung und Europäisierung zeigt sich hier besonders deutlich als Gleichschleiferei, die aus Urwüchsigkeit und Reibung belanglose Beliebigkeit formt.
Hallo,
Ich mag wie Sie schreiben.
Nur als kleine Ergänzung:
„Wenn man heute nach Kuba reist, wird man von den Immigrationsbeamten am Flughafen mit dem Vornamen angesprochen.“
Das ist nichts Ungewöhnliches bei den Latinos. Für uns mag das manchmal unhöflich erscheinen. In Zentral- und Südamerika wird diese Form der Ansprache oft verwendet. Die uns bekannte Form bestehend aus Señor + Familienname wird eher als sperrig empfunden und nicht so oft verwendet.
Hi DarkKiwi,
Vielen Dank für den freundlichen Hinweis. Ich persönlich und meine Freunde finden diese Form des Empfangs eigentlich sehr ansprechend und positiv. Mein Eindruck, diese Begrüßung könnte auf Basis einer Direktive umgesetzt werden beruht darauf, dass ich mich nicht erinnern kann, früher schon mal bei der Einreise nach Kuba so angesprochen worden zu sein. Vielleicht war ich damals aber auch zu erschöpft von der elendslangen Fliegerei, um das mitzubekommen :-)
Danke für das Kompliment bezüglich Schreiberei!
Liebe Grüße,
Peter