In den nächsten Tagen lerne ich auch die anderen amerikanischen Gäste kennen. Eine Reisegruppe aus Tennessee. Sehr religiös. Mitglieder des „Convoy of Hope“, etwa 15 verschiedenen Alters. Christliche Missionare – ich wusste nicht dass es so etwas heutzutage noch gibt, vor allem hier, wo das Land vor christlicher Religiosität nur so strotzt. Mein erster Gesprächspartner erklärte im Bargespräch, dass er ein religiöser Fundamentalist sei, worauf ich instinktiv die Silhouette seines Oberhemdes nach Anzeichen eines Sprengstoffgürtels absuchte, mich aber mit Hilfe eines Rumpunsches wieder etwas beruhigte.
Eigentlich wollten die Kollegen Missionare ja nach Thailand fliegen (Originalton) und die dortigen Wilden bekehren. Aber die Flüge waren zu teuer, und so entschloss man sich, die billigere Variante zu wählen und stattdessen die dringend der Bekehrung bedürftigen Haitianer zu missionieren. Die Gruppe von Laienmissionaren besuchte also verschiedene Waisenhäuser in der Region, um mit den Kindern zu beten.
Nach unserer bisherigen Erfahrung können die meisten Kinder in den Waisenhäusern weder rechnen noch schreiben, deshalb können sie die Beterei sicher gut gebrauchen, falls der Vodou nicht hilft. Aber halt. Ich musste noch am selben Abend erfahren, dass die angestammte religiöse Tradition der schwarzen Einwohner Haitis, allesammt von christlichen Eroberern verschleppte Sklaven aus Westafrika – gar des Teufels ist. (Gerüchten zufolge setzen manche christlichen Organisationen sogar 1000 Dollar Kopfgeld für den Mord an Vodou-Priestern aus). Das hat mich natürlich zutiefst schockiert. Selbstverständlich hatte der Mann meine vollste Unterstützung für seinen Missionsauftrag, wir wussten ja nicht, dass der Teufel mit im Spiel war.
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